Der Aufsteiger: Paderborns geradliniger Trainer Baumgart

Paderborn – «Fußball», sagt Steffen Baumgart, «ist für mich ein Kampfsport.» Das hat der Trainer des SC Paderborn vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison in einem Sky-Interview verraten.

So oder so ähnlich hat Baumgart das auch schon im «Kicker», allen großen Wochenendzeitungen und zuletzt sogar im «Aktuellen Sportstudio» beschrieben, denn kaum ein anderer Bundesliga-Trainer wurde in diesem Sommer so häufig interviewt wie er.

Baumgart ist begehrt – und das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass er seinen Verein in weniger als zweieinhalb Jahren von einem Abstiegsplatz der 3. Liga zurück in die Bundesliga geführt hat und dort an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) seine Heimpremiere gegen den SC Freiburg feiert. Es geht auch darum, wie geradlinig der 47-Jährige redet und vor allem Fußball spielen lässt.

Es gibt Trainer, die von ihren «abkippenden Sechsern» und ihrem «Umschalt-Zehner» sprechen (und damit die defensive und offensive Variante ihrer Mittelfeldspieler meinen). Baumgart dagegen setzt sich ins Sportstudio, nimmt seine Frau und seine Tochter dorthin mit und sagt: «Wir sind doch früher nicht auf den Bolzplatz gegangen, um Tore zu verhindern. Sondern um Tore zu schießen.» Die Akademisierung und Verwissenschaftlichung des Fußballs geht ihm auf die Nerven. Und das trifft offenbar auch bei vielen Fans einen Nerv.

Der SC Paderborn ist jetzt in der Bundesliga ein noch viel größerer Außenseiter, als er das schon in der 2. und sogar 3. Liga war. Bislang hatte Baumgart immer Erfolg damit, seiner Mannschaft eine sehr mutige, offensive und vor allem schnörkellose Spielidee zu vermitteln. Und die große Frage ist jetzt, ob der Aufsteiger mit dem «offenen Visier» (Baumgart) genau so auch die Bundesligisten überraschen kann, oder ob das mit dem «Feuer frei!» (Baumgart) dort vielleicht nach hinten losgeht. Der Eindruck nach dem fulminanten 2:3 beim Champions-League-Club Bayer Leverkusen ist: Ersteres wird kommen.

«Paderborn ist ein gutes Beispiel dafür, dass Mentalität oft wichtiger ist als Qualität», sagte Freiburgs Trainer Christian vor dem Spiel am Samstag. «Und Paderborn hat auch noch Qualität.»

Was viele vergessen, aber Baumgarts Erfolg auch ein wenig zu erklären hilft, ist: Der frühere Stürmer ist in diesem Sommer nicht zum ersten, sondern schon zum dritten Mal in die Bundesliga aufgestiegen. Und dem Trainer Baumgart ist das mit seinem SC Paderborn vorher genauso wenig zugetraut worden wie dem Spieler Baumgart mit seinem Heimatverein Hansa Rostock und mit dem FC Energie Cottbus.

Über diese Zeit hat der 47-Jährige dem «Kicker» eine Anekdote erzählt, die so in den vergangenen zwei Jahren auch in der Paderborner Kabine hätte spielen können. Er schildert darin, wie er 1994 vom damaligen Rostocker Trainer Frank Pagelsdorf beim ostfriesischen Verbandsligisten SpVg Aurich entdeckt wurde und danach mit den späteren Nationalspielern Stefan Beinlich und René Schneider in einer Besprechung saß. Als Pagelsdorf ihnen erzählt habe, «dass er aufsteigen will, dachte ich: Der spinnt!», sagte Baumgart. «Aufsteigen? Wohin?» Ein Jahr später war Hansa erstklassig.

Weil sein Vater und sein Großvater früher Handballtrainer waren, hatte Baumgart auch schon früh den Wunsch, an der Seitenlinie zu stehen. Einige Erfahrungen seiner Spielerzeit haben ihn aber genauso geprägt. Der Aufstieg in die Erste Liga? Mit einem kleinen Club? «Man muss es wenigstens versuchen», sagt er. «So habe ich das als Spieler gemacht und jetzt auch als Trainer.» Was das in den nächsten Monaten für die Bundesliga bedeutet, hat Baumgart der «Süddeutschen Zeitung» verraten: «Wir können den Schwanz einziehen und möglicherweise verlieren. Oder volle Attacke spielen und möglicherweise verlieren. Drei Mal dürfen Sie raten, was wir versuchen werden.»


(dpa)

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