Frankfurt/Main – Für die Fan-Szenen gibt es im deutschen Profifußball kein Weiter so. Zahlreiche Organisationen haben sich zu einem Bündnis «Unser Fußball» zusammengeschlossen und erhöhen den Druck auf DFL, DFB und die Clubs in der Debatte um einen Wertewandel im Bundesliga-Geschäft.
«Wir wollen nicht zurück zu einem kaputten System. Wir fordern Vereine und Verbände auf, vor dem Beginn der kommenden Saison zu handeln», heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Aufruf. Die Fans fordern «einen glaubhaften Grundsatzbeschluss sowie die Einleitung konkreter Reformen».
Erstunterzeichner sind die großen bundesweiten Fanorganisationen wie «Unsere Kurve», «ProFans», «Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF)», «FC PlayFair!» und «Netzwerk Frauen im Fußball» sowie etwa 1000 Fanclubs und -Gruppierungen – darunter auch zahlreiche Ultras. «Unser Fußball» sucht weitere Unterstützer und will die komplette Unterschriftenliste nach Saisonende der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) übergeben.
«Wir müssen die aktuelle Krise als Chance begreifen, um den Fußball grundlegend neu zu gestalten. Die Sommerpause muss zu einem Wendepunkt werden. Verbände und Vereine sind aufgefordert zu handeln und den Fußball neu aufzustellen: basisnah, nachhaltig und zeitgemäß», erklärt Manuel Gaber als Sprecher von «Unser Fußball». «Statt sich immer weiter von seiner Basis zu entfernen, müssen Fans als elementarer Bestandteil des Fußballs anerkannt werden», fordert das Bündnis.
Die DFL als Dachorganisation der 36 Proficlubs hat sich einer Grundsatzdebatte nicht verschlossen, legte zunächst aber einmal all ihre Konzentration darauf, den Geisterspiel-Betrieb durchzubekommen. Geschäftsführer Christian Seifert versprach, im Herbst eine Taskforce «Zukunft Profifußball» einzusetzen – doch den Anhängern ist das zu spät.
«Wir wollen nicht einfach nur irgendwie durch die Krise kommen und dann weitermachen wie bisher», hatte Seifert versprochen. «Wir werden ganz bestimmt aus dieser Situation einiges mitnehmen und uns sehr wohl Gedanken machen, wie künftig das wirtschaftliche, vielleicht aber auch das Wertefundament der Bundesliga aussehen kann.»
Die Fans haben da schon recht konkrete Vorstellungen: «Unser Fußball zeichnet sich durch eine gleichmäßigere Verteilung der TV-Gelder, die Einführung eines nationalen Financial Fairplays und die eindeutige Begrenzung von Investoreneinflüssen aus», erklärt das neue Bündnis. Ihr Fußball setze sich konsequent gegen Diskriminierung ein und bekämpfe Korruption ernsthaft. Und: «Als gesellschaftliches Vorbild handelt unser Fußball sozial nachhaltig und wird seiner ökologischen Verantwortung gerecht. Kurzfristiges Denken und schlechtes Wirtschaften müssen der Vergangenheit angehören.»
Helen Breit, Vorsitzende der bundesweiten Fanorganisation «Unsere Kurve», erklärt: «Alle, die diese Erklärung unterzeichnen, machen deutlich: Wir sprechen mit einer gemeinsamen Stimme, die nicht ignoriert werden kann.»
Gegen Spiele ohne Zuschauer hatte es zunächst heftigen Widerstand aus den Fan-Szenen gegeben, angesichts der wirtschaftlichen Probleme der Vereine akzeptierten viele Anhänger zähneknirschend die Geisterspiele. «Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne», hieß es damals in einer über die Ultra-Gruppen der Vereine verbreiteten Erklärung. Vor allem viele Ultras lehnen Geisterspiele nach wie vor strikt ab. Auch in der neuen Spielzeit müssen die Fans befürchten, zunächst aus den Stadien ausgeschlossen zu werden.
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(dpa)