London – Vor seinem allerletzten Abenteuer im Alexandra Palace hat Raymond van Barneveld nichts unversucht gelassen.
Der 52-Jährige besuchte Erfolgstrainer Jürgen Klopp in warf noch ein paar Pfeile mit Rekordweltmeister Phil Taylor und schrieb sich auf Twitter gar mit Toni Kroos, einem der erfolgreichsten Fußball-Profis der jüngeren Vergangenheit. «Der Moment ist da. Ich hoffe, dass ich der Welt noch einmal zeige, was ich kann. Leg für Leg, Set für Set, Spiel für Spiel. Ich werde bis zum Ende kämpfen», schrieb der Darts-Profi aus den Niederlanden in einer fast schon martialischen Aufmachung vor seiner Abschiedsshow in London.
Dem Routinier mit dem Spitznamen «Barney» reicht es endgültig. 32 Jahre Profi-Sport und fünf WM-Titel hat er hinter sich, doch in den vergangenen Jahre prägten sportliche und private Rückschläge seinen Weg. «Ich werde etwas anderes versuchen, Urlaub machen und Zeit mit meiner Familie und meinen Enkeln verbringen. Ich werde Exhibitions spielen, aber am Ende will ich mehr Zeit für mich selbst haben», sagte van Barneveld der Deutschen Presse-Agentur zu seinen Plänen – für ihn wird das Ende einer Erlösung gleichen. Doch vorher will er ein letztes Mal auf der großen Bühne glänzen.
Ähnlich wie «The Power» Taylor hat «Barney» eine ganze Generation inspiriert, Max Hopp nennt ihn bewundernd «ein Kindheitsidol». Doch die große Show, die er auf der Bühne lange Jahre aufgeführt hat, machte ihm irgendwann keinen Spaß mehr. Zwar marschierte er weiter zu «Eye of the Tiger» von Survivor auf die Bühne, doch es wirkte von Jahr zu Jahr gequälter.
Die Folge: Van Barneveld verlor immer mehr Spiele und damit auch seinen Status als absoluter Eliteprofi. «Der Schmerz der Niederlagen ist einfach zu viel für mich geworden. Mal abgesehen von der Reiserei ist es das ständige Verlieren, das mich fertig gemacht hat», gestand er in einem Interview von Spox offen ein. Selbst an diesem Samstag (20.00 Uhr/Sport1 und DAZN) ist ein Sieg gegen US-Außenseiter Darin Young nicht mehr garantiert.
Van Barneveld leidet nicht nur an Diabetes, sondern hatte Probleme mit seinen Augen und zudem persönliche Sorgen ganz abseits des Sports. «Bei mir zu Hause wurde eingebrochen, da konnte ich nicht für meine Frau und Familie da sein. Ich habe im letzten Jahr vier gute Freunde verloren und konnte bei keiner Beerdigung sein, weil ich irgendwo im Flugzeug saß», erzählte der Niederländer. In seinem Abschiedsjahr 2019 wirkte er oft schwerfällig und nicht mehr motiviert.
Zumindest der Schlusspunkt im «Ally Pally» soll nun gelingen. Ein furioses Ende wie vor zwei Jahren Phil Taylor, der im hohen Alter noch einmal das Finale erreichte. «Ich habe seit fünf Jahren kein Turnier gewonnen, ein WM-Titel ist nicht realistisch, aber jeder weiß, zu was ich bei einer WM fähig bin. Das gibt mir einen zusätzlichen Schub», sagte van Barneveld, den nach einem möglichen Auftaktsieg gegen Young sofort schwierigere Aufgaben erwarten. Kroos, Taylor und Co. dürften am TV mit ihm mitfiebern.
(dpa)