Hamburg – Alieu Darbo hat geschafft, wovon viele junge Fußballer träumen: Medien in ganz Europa berichten über ihn. Aber nicht die Leistungen des 24-jährigen Gambiers, der in Schweden geboren wurde, wecken das Medieninteresse, sondern schwerwiegende Betrugsvorwürfe.
Mit fingierten Empfehlungsschreiben – unter anderem von BVB-Sportdirektor Michael Zorc und dem FC Bayern – sowie erfundenen Geschichten soll Darbo sich Verträge erschlichen haben. Er selbst sieht sich als Opfer eines windigen Spielerberaters.
Es braucht keine Dreiviertelstunde, bis Alieu Darbo auf die Interviewanfrage antwortet. Natürlich wolle er seine Version der Geschichte erzählen. Diese Geschichte, so wie er sie am Telefon in flüssigem Englisch darstellt, macht ihn zum Opfer eines rachsüchtigen Agenten. Seine Identität weist der 24-jährige auf Bitte der Deutschen Presse-Agentur mit einem Foto von seinem Pass und einem Selfie aus, auf dem er das Peace-Zeichen zeigt. Ein geringer Restzweifel, dass es sich tatsächlich um Darbo handelt, bleibt.
Seine Geschichte als Fußballer beginnt 2009 mit seiner Verpflichtung beim damaligen französischen Erstligisten Le Mans FC. Bis zum Ende seines Vertrags 2012 bleibt er in Frankreich. Was danach folgt, ist eine Odyssee durch die Fußballwelt. Bei etlichen Vereinen wird Darbo kurzzeitig unter Vertrag genommen oder mit ihnen in Verbindung gebracht. Immer wieder platzen Verträge. Bei keinem Club bleibt er länger als sieben Monate. Als Profi spielt er in Frankreich, Kroatien, Spanien, Malta, Algerien und Ägypten. Zeitweise gehört er zum Aufgebot der gambischen Nationalmannschaft.
2014 soll er sich laut Medienberichten beim griechischen Erstligisten PAOK Thessaloniki mit gefälschten Empfehlungsschreiben eines schwedischen Talentscouts und des Sportdirektors von Borussia Dortmund, Michael Zorc, beworben und so fast einen Vertrag erschlichen haben. Darbo bestreitet die Vorwürfe: «Ich war nicht in Griechenland, das ist nicht wahr. Ich war dort nur einmal im Urlaub.» Michael Zorc habe er zuvor nicht gekannt.
Laut Darbo soll ein Spielerberater für die Betrugsvorwürfe verantwortlich sein, den er kennengelernt hat, als er beim kroatischen Erstligisten Dinamo Zagreb unter Vertrag war. Der Mann, dessen Namen Darbo im Gespräch auch nennt, habe ihn an einen Geschäftspartner weitergegeben. Diesen habe er für seine Dienste bezahlt, nicht aber Ersteren. «Er sagte, er werde alles tun, um meinen Namen zu zerstören», erzählt Darbo.
Danach sei mehrmals etwas passiert, was den jungen Fußballer aus Gambia stutzen ließ. «Manchmal riefen mich Manager von Clubs an und sagten «Alieu, wir haben eine E-Mail bekommen, in der dich jemand empfiehlt.»» Wenn er dann fragte, um wen es sich handele, stellte sich heraus, dass er niemals mit dieser Person gesprochen habe, diese gar nicht kenne. Für Darbo ist klar, wer dahintersteckt.
In Gesprächen mit den Vereinen aus Alieu Darbos wechselvoller Transferhistorie stößt die schwedische Zeitung «Aftonbladet» mehrmals auf Aussagen über gefälschte Schreiben und erfundene Geschichten. So habe er auch eine angebliche Empfehlung vom ehemaligen Chefscout des FC Bayern München, Björn Andersson, erhalten. Auch mit diesem habe er nie etwas zu tun gehabt, sagt Darbo.
Die Mails seien stets schlecht gefälscht gewesen, mit Rechtschreibfehlern und falschen Namen, so dass der Betrug auffallen musste – und der Verdacht auf ihn selbst fiel. «Das alles hat eine Menge Probleme verursacht – für mich und meine Familie, für meine Eltern und meine Karriere», sagt Darbo. Auf die Frage, warum er seine Version der Geschichte nicht früher erzählt habe, sagt er: «Ich habe das Ausmaß nicht erkannt.»
Gegen die aus seiner Sicht falsche Berichterstattung will der 24-Jährige nun vorgehen. «Falls das alles wahr wäre, wäre ich nun im Gefängnis», sagt er. Er habe in Schweden schon Anzeige erstattet. Dass Empfehlungsschreiben gefälscht werden, passiert im Fußball offenbar häufiger. Auf Nachfrage teilt Björn Andersson mit: «Ich habe bei drei verschiedenen Angelegenheiten Anzeige erstattet, wo jemand in meinem Namen gefälschte Dinge verbreitet hat.»
Darbo, der vor den Trümmern dessen steht, was man seine Karriere nennen könnte, will es weiter versuchen mit dem Fußball. In Marokko will er bei verschiedenen Clubs vorspielen.
(dpa)