Rom – Der 43. Kongress der Europäischen Fußball-Union UEFA ist in erster Linie ein Wahlkongress. Aleksander Ceferin will in Rom als Verbandschef bestätigt werden, wie Reinhard Grindel als Europa-Abgeordneter im FIFA-Council.
Zweifel an der Wiederwahl der Funktionärsverbündeten durch die 55 UEFA-Mitglieder gibt es nicht. Auf die Zwischentöne wird es bei der Gastrede von FIFA-Präsident Gianni Infantino ankommen.
WIEDERWAHL I: Reinhard Grindel ist ein Gewinner der Funktionärsskandale bei FIFA, UEFA und DFB. In knapp drei Jahren hat der ehemalige Politiker eine steile Karriere in der Fußball-Welt hingelegt. In Rom wird der DFB-Chef nun für seine erste komplette Amtszeit von vier Jahren als Abgesandter der UEFA in das FIFA-Council berufen werden. Zweifel an seiner Bestätigung im Amt gibt es nicht. Wahrscheinlich wird die Wahl per Akklamation vollzogen werden. Für UEFA-Präsident Aleksander Ceferin ist Grindel ein wichtiger Partner beim Kampf um die Interessen des europäischen Fußballs und Widerpart zu FIFA-Chef Gianni Infantino.
WIEDERWAHL II: Auch Ceferin selbst kann entspannt in den Wahltag gehen. Nach zweieinhalb Jahren im Amt als UEFA-Chef hat er alle Vorurteile schon lange abgeschüttelt. Als Nobody betrat der Slowene 2016 nach der Sperre für den Franzosen Michel Platini die Funktionärsbühne. Ein Strohmann Infantinos sei er oder eine Marionette Moskaus – so lauteten damals noch die Vorwürfe. Andere witterten einen Deal Ceferins mit skandinavischen Verbänden für die EM 2028. Der Jurist, der ein Karate-Meister ist und die Sahara mehrfach auf dem Motorrad durchquerte, hat sich durch spröde Sacharbeit einen Namen gemacht und kuscht auch nicht vor Infantino.
EINZUG: Nasser al-Khelaifi ist bislang nicht als Fußball-Romantiker in Erscheinung getreten. Der Geschäftsmann aus Katar verkörpert alles, was mit dem profitorientierten Fußball in Verbindung gebracht werden kann. Sein designierter Einzug ins UEFA-Exko müssen die Hüter von Moral und Anstand als Ohrfeige empfinden. Verhindern will oder kann diesen fußballpolitischen Schildbürgerstreich aber offenbar keiner. Brüche gegen das Financial Fairplay mit Paris Saint-Germain, Interessenkonflikte durch das Engagement beim UEFA-TV-Partner BeIn Media – alles kein Grund den Einzug al-Khelaifis als Abgesandter der European Club Association ins UEFA-Exko zu verhindern.
REDE: Mit Standing Ovations wird Gianni Infantino kaum rechnen. Wenn der FIFA-Präsident die obligatorische Willkommensadresse beim UEFA-Kongress hält, werden aber viele Funktionäre genau hinhören. Der ehemalige UEFA-Generalsekretär ist als FIFA-Boss für viele ein rotes Tuch – zu offensichtlich umgarnt der Schweizer die Funktionäre aus anderen Teilen der Fußball-Welt. Doch Infantino braucht auch das skeptische Fußball-Europa, um seine Milliarden-Pläne um eine neue Club-WM und eine globale Nations League umsetzen zu können. Explizite Höflichkeitsfloskeln und verbale Schulterschlüsse werden also erst nach dem Kongress auf ihre Ernsthaftigkeit überprüft werden können.
(dpa)