London – Chelsea-Coach Antonio Conte ist bei einem Spiel kaum zu bändigen. Der Italiener läuft am Spielfeldrand hektisch herum, gestikuliert wild.
Er liebt und lebt den Fußball – und mit seiner Leidenschaft hat er seine Spieler scheinbar wieder erweckt. «Wenn man so viel Leidenschaft hat, dann ist das so, als würde man etwas Salz zum Essen geben», sagte sein Freund und Chelsea-Legende Gianfranco Zola der Boulevard-Zeitung «The Sun». «Dann schmeckt es besser. So ist das mit Antonio und Chelsea.»
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern José Mourinho oder Guus Hiddink reißt der ehemalige italienische Nationaltrainer die «Blues» wieder mit. Dass Conte größtenteils auf dieselben Spieler vertrauen müsse, die in der Vorsaison gescheitert seien, sieht Zola nicht als Problem. Der Trainer habe sie wieder hungrig gemacht.
Tatsächlich wirken Stars wie Eden Hazard oder Diego Costa momentan besonders ambitioniert. Auch Rückkehrer David Luiz, den einige zu Saisonbeginn als Schwachpunkt ausmachten, ist in Topform. Die Folge: Vor dem Duell am Samstag gegen den Londoner Lokalrivalen Tottenham Hotspur liegt Chelsea an der Tabellenspitze.
Manchmal übertreibt es Conte auch mit der Leidenschaft, so wie beim Heimsieg gegen Leicester City. Beim Stand von 2:0 brachte er Stürmerstar Diego Costa zur Verzweiflung, indem er dem Spanier vom Spielfeldrand permanent Anweisungen zurief. Costa gestikulierte schließlich entnervt, der Trainer möge ihn doch auswechseln, wenn er nicht zufrieden sei. Angeblich soll es nach dem Spiel noch einen Disput in der Kabine gegeben haben. Die Woche drauf beim 4:0 gegen Rekord-Champion Manchester United war davon nichts mehr zu spüren.
Conte beweist zudem taktisches Geschick. Nach dem bitteren 0:3 beim FC Arsenal am 24. September stellte er auf ein 3-4-3-System um. Die Maßnahme ging auf Kosten von Kapitän John Terry, der keine Rolle mehr spielt. Zugleich setzte sie andere Kräfte frei. Conte beendete die Defensivschwäche und machte Chelsea offensiv gefährlicher. Die Bilanz seitdem: 17 Tore, kein Gegentor, sechs Siege aus sechs Spielen. Für den FC Chelsea hätte es zuletzt kaum besser laufen können.
Erstmals seit dem 24. Mai 2015, als Chelsea unter Mourinho den Titel holte, steht der Club wieder ganz oben. Natürlich liebäugelt Conte, der als Trainer von Juventus Turin zwischen 2012 und 2014 dreimal hintereinander Meister wurde, mit dem Titel. Bisher äußerte er sich aber zurückhaltend: «Wir wissen, dass der Weg sehr lang ist», sagte er der Zeitung «Daily Star». «Nah am Titel und am ersten Platz zu bleiben, ist gut und gibt uns großes Selbstvertrauen.»
Conte weiß, dass sein Team erst noch gegen die Topclubs bestehen muss. Siegen gegen ein schwaches Manchester United und den kriselnden Meister Leicester City stehen Niederlagen gegen Liverpool und Arsenal gegenüber. Die anstehenden Spiele gegen die noch ungeschlagenen Tottenham Hotspur und den Guardiola-Club Manchester City sind daher richtungsweisend, im Rennen um die europäischen Startplätze oder sogar den Premier-League-Titel.
(dpa)