Lausanne/Frankfurt/Main – Das CAS-Urteil im Streit um Testosteron-Grenzwerte für Frauen kann über die Leichtathletik hinaus Auswirkungen haben und wird nicht das Ende der schwierigen Debatte um das Thema sein.
Auch die 800-Meter-Olympiasiegerin Caster Semenya muss nach ihrem verlorenen Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof nicht aufgeben und kann zivile Gerichte anrufen. Das CAS hatte eine Regel des Leichtathletik-Weltverbandes lAAF für rechtens erklärt, Testosteron-Limits für Mittelstreckenläuferinnen mit intersexuellen Anlagen zu festzulegen. Damit soll gewährleistet werden, dass Frauen mit einem zu hohen Hormonspiegel keinen Vorteil im Wettkampf haben.
Müssen nun die anderen Sportverbände ihre Startrechtregeln ändern?
Von dem CAS-Urteil sind andere Sportverbände direkt nicht betroffen. Allerdings sind in der Vergangenheit in verschiedenen Sportarten von Golf bis Volleyball Spitzenathleten bekanntgeworden, die mit transsexueller Anlage an Wettkämpfen teilgenommen haben.
Kann Caster Semenya noch ein ziviles Gericht anrufen?
Der CAS hat in seiner Urteilsbegründung darauf hingewiesen, dass gegen das Urteil beim Schweizer Bundesgericht binnen 30 Tagen Einspruch eingelegt werden kann. Möglich ist für Caster Semenya auch die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hat das im Zusammenhang mit einer zweijährigen Sperre wegen auffälliger Blutwerte versucht – ohne Erfolg.
Wie reagiert der Deutsche Leichtathletik-Verband auf das CAS-Urteil?
Für den DLV ist das Urteil ein «klares Bekenntnis für den Frauensport in seiner bisherigen Klassifizierung innerhalb der Sportart Leichtathletik», erklärte DLV-Präsident Jürgen Kessing. Der CAS setzte auf die Chancengleichheit in einem sportlich fairen Wettkampf. «Der Beschluss hat aus meiner Sicht nicht nur Auswirkungen für die Sportart Leichtathletik, sondern ist letztlich richtungsweisend für den gesamten Leistungssport», meinte Kessing. Mit dem CAS-Urteil sind die von der IAAF geplanten Regularien zu Testosteron-Limits nun vom 9. Mai an auch im DLV-Bereich gültig.
Wie beurteilt der Deutsche Olympische Sport das Urteil?
Der DOSB hat Verständnis dafür, dass der Weltverband IAAF Rechtssicherheit für das Startrecht von Sportlerinnen mit von der Norm abweichenden Hormonspiegeln sucht. Das aktuelle Urteil des CAS gelte explizit nur für wenige Lauf-Disziplinen in der Leichtathletik. Weitere Verfahren seien aber für die Zukunft wohl zu erwarten, erklärte der DOSB: «Hier scheint eine von Sportart zu Sportart sehr differenzierte Betrachtungsweise notwendig.»
(dpa)