München – Die BVB-Betreuer schleppten spontan zwei Kisten Bier für ihre Pokalfinalisten in die Kabine – beim FC Bayern herrschte zeitgleich nach dem nächsten schweren K.o. Katerstimmung.
Borussia Dortmund – und nicht der Titelverteidiger FC Bayern – läuft am 27. Mai als großer Favorit auf den Pott im DFB-Pokal im Endspiel im Berliner Olympiastadion gegen Eintracht Frankfurt auf.
«Wir wollten nicht nur nach Berlin, wir wollen nach Berlin, um dort zu gewinnen», erklärte ein euphorisierter Dortmunder Trainer Thomas Tuchel nach dem packenden 3:2 (1:2) am Mittwochabend im Halbfinale in München. «Es fühlt sich sensationell gut an», schwärmte Tuchel.
Umso schmerzhafter war der elektrisierende Pokalabend für die Bayern. Eine Woche nach dem Aus in der Champions League gegen Real Madrid zerstörten die Dortmunder die Hoffnungen auf das tröstende Double für das Starensemble von Trainer Carlo Ancelotti. «Das ist eine Niederlage, die tut weh. Innerhalb von einer Woche Madrid und das heute zu verkraften, ist nicht so einfach für die Mannschaft», sagte der enttäuschte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.
Rummenigge verbat sich, am nächsten düsteren April-Abend weit nach vorne zu blicken. «Das ist kein guter Abend, um jetzt über die Zukunft nachzudenken», erklärte der Vorstandschef. «Jetzt muss man erstmal in Ruhe die Wunden lecken.» Und dann stehen heiße Wochen an.
Marco Reus, Pierre-Emerick Aubameyang und Matchwinner Ousmane Dembélé sorgten mit ihren Toren dafür, dass die Dortmunder weiter auf den ersten Pokalsieg seit dem gegen die Bayern im Jahr 2012 hoffen dürfen. «Wenn es eine Mannschaft verdient hat, nach den letzten Wochen ein bisschen Glück zu haben und nach Berlin zu fahren, dann Borussia Dortmund», erklärte Sportdirektor Michael Zorc.
Das in der Extremsituation nach dem Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus zusammengerückte BVB-Team feierte mit dem Coup in München einen großen Sieg. «Für mich persönlich gehört das nicht zusammen», sagte Tuchel. «Aber wir haben uns kennengelernt auf eine Art und Weise, auf die wir gerne verzichtet hätten, aber die trotzdem wahnsinnig werthaltig war.» Solch ein dramatisches und einschneidendes Erlebnis könne einen «Klebstoff» zur Folge haben, den man nur durch außergewöhnliche Erlebnisse bekomme.
«Dieser Erfolg ist fürs Selbstvertrauen und für die Entwicklung der Mannschaft unersetzbar», hob Tuchel nach einem auch persönlich wichtigen Sieg hervor. In seinem schwierigen zweiten Jahr mit der Borussia hat der 43-Jährige beste Chancen auf seinen ersten Titel.
Dagegen ist der Abschied mit einem Pokal-Triumph für Bayern-Kapitän Philipp Lahm passé. «Es ist eine große Enttäuschung», haderte der 33-Jährige. Durch Javi Martínez und den Ex-Dortmunder Mats Hummels hatten die Münchner 2:1 geführt. Sie vergaben aber danach durch Robert Lewandowski und Arjen Robben mehrere Großchancen zum 3:1.
Jetzt müssen die Bayern, die die Bundesliga vier Spieltage vor Saisonende mit acht Punkten vor RB Leipzig anführen, unbedingt den fünften Meistertitel in Folge sichern. «Wir müssen ihn mathematisch noch dicht machen», forderte Rummenigge – und blickte auch auf das verpasste Finale am 27. Mai: «Dortmund hat gewonnen, herzlichen Glückwunsch, jetzt werden sie wahrscheinlich DFB-Pokalsieger werden.»
(dpa)