Merzig – Der Gedanke an den selbst gewählten Abschied lässt bei Dagur Sigurdsson schon jetzt ein wenig Wehmut aufkommen.
«Die Entscheidung ist mir leicht gefallen, weil es eine persönliche für mich war. Aber die Trennung wird etwas schmerzhaft», sagte der scheidende Handball-Bundestrainer der Deutschen Presse-Agentur.
Sigurdsson saß in der Sparkasse Merzig und berichtete über seine erfolgreiche Zeit beim Deutschen Handballbund (DHB), die nach der Weltmeisterschaft im Januar zu Ende geht. 24 Stunden zuvor hatte er sich endgültig entschieden, mit der Familie nach Island zurückzukehren, um von dort aus die japanische Nationalmannschaft auf Olympia 2020 in Tokio vorzubereiten. «Für mich ist es etwas traurig, diese Mannschaft wegzugeben. Aber diesen Schritt musste ich machen.»
Geld habe dabei überhaupt keine Rolle gespielt, betonte Sigurdsson mit Nachdruck: «Woanders hätte ich mehr verdienen können.» Ihm hätten einige Angebote vorgelegen, das aus Japan habe persönlich am besten gepasst. «Das habe ich genommen», sagte er. «Ich kann einigermaßen auf Japanisch coachen.» Nur seine Unterschrift unter dem Vertrag fehlt noch.
Bis zu seinem Abgang kann und will sich der Isländer aber keine Sentimentalitäten leisten, schließlich möchte er seine Amtszeit nach EM-Gold und Olympia-Bronze mit einer WM-Medaille krönen. Das Minimalziel lautet Top Sechs. «Ich wäre sehr zufrieden, wenn wir besser dastehen als beim letzten Mal», sagte Sigurdsson. 2015 in Katar wurde die DHB-Auswahl Siebter.
Jetzt, da endlich Klarheit über seine Zukunft herrscht, gilt sein Augenmerk ausschließlich der WM-Vorbereitung. «Die Spieler brauchen ab jetzt einen guten Rhythmus im Verein, dann eine kurze Vorbereitung. Wir dürfen nicht den Fokus auf unsere Aufgabe verlieren. Die Spiele sind das einzige, was zählt. Dann kann etwas Großes herauskommen.» So wie bei der Europameisterschaft in diesem Jahr, wo die Bad Boys sensationell den Titel holten.
Dem deutschen Handball prophezeit Sigurdsson auch nach seinem Weggang eine erfolgreiche Zeit, denn die Mannschaft sei auf einem Topniveau. «Das sind die besten Spieler der Bundesliga. Je besser die werden, umso weniger muss man sagen. Umso weniger muss man selbst können. Man darf nicht überbewerten, was der Trainer macht. Er gibt nur die grobe Linie vor», erklärte der 43-Jährige.
Auch in der Bundesliga macht man sich keine Sorgen. «Die Basis, die Dagur gelegt hat, ist gut. Ich befürchte mit einem neuen Trainer keinen Bruch. Der DHB ist sehr gut aufgestellt und wird eine gute Wahl treffen», sagte Flensburgs Geschäftsführer Dierk Schmäschke der dpa. Topkandidaten auf die Nachfolge sind Christian Prokop (Leipzig) und Markus Baur (Stuttgart).
Die Nachricht von Sigurdssons Rücktritt nach der WM stimmte seine Schützlinge dennoch traurig. «Das ist für uns natürlich sehr schade, denn er ist ein absoluter Handball-Fachmann. Dafür spricht die Art und Weise, wie wir uns unter ihm weiterentwickelt haben in den vergangenen Jahren», sagte Kapitän Uwe Gensheimer.
Auch Torwart Andreas Wolff bedauerte Sigurdssons Entscheidung. «Dagur kann sehr gut mit der Mannschaft, macht auf der Bank keinen Stress. So einen Trainer zu verlieren, ist ein herber Verlust», sagte der EM-Held vom THW Kiel. Im Kampf um Titel und Triumphe werde die DHB-Auswahl aber weiter kräftig mitmischen: «Wir haben eine tolle Truppe. Wir werden ihn vermissen, aber trotzdem in der Weltspitze dabei bleiben.»
(dpa)