Frankfurt/Main – Das von Fredi Bobic prognostizierte 5:5 ist in der Fußball-Bundesliga genauso ausgeblieben wie eine Umkehr der Kräfteverhältnisse.
Auch nach der Corona-Pause waren der makellose Meister FC Bayern München und Verfolger Borussia Dortmund das nationale Maß der Dinge. Doch ein paar Trends haben sich in den bislang acht Spieltagen seit der Unterbrechnung durchaus angedeutet. Die Deutsche Presse-Agentur blickt auf zwei unterschiedliche Saisonhälften in der höchsten deutschen Spielklasse.
WENIGER TORE
Nicht nur Ex-Torjäger Bobic erwartete viele Tore, auch weitere Verantwortliche rechneten aufgrund von unterschiedlicher Vorbereitung und daraus entstehenden Ungleichheiten mit einem spektakulären Neustart und zahlreichen Treffern. Mit 3,01 Toren seit der Corona-Pause liegen die Clubs zwar über den Durchschnittswerten der vergangenen Jahre – aber deutlich unter dem Wert von 3,25 Treffern, den die ersten 25 Spieltage vor Corona boten.
Düsseldorfs Trainer Uwe Rösler wagte vor dem Wiederauftakt gegen Paderborn Mitte Mai die Prognose, das Spiel der beiden Rivalen im Abstiegskampf werde «sicherlich nicht 0:0 ausgehen» – es endete einen Tag später 0:0. Trotz gesunkener Tendenz nach der Pandemie-Pause steuert die Bundesliga auf die torreichste Spielzeit seit 1987 zu.
HEIMSPIELFAKTOR FANS?
Keine Fans, kein großer Heimvorteil? Blickt man auf die Zahlenbasis der laufenden Spielzeit, ist dieser Schluss – zumindest in der Bundesliga – absolut zulässig. Seit der Zwangspause sind Heimsiege in der Liga statistisch gesehen deutlich seltener geworden. Hatten vor der durch die Pandemie bedingten Unterbrechung 43,3 Prozent der Teams ihre Heimspiele in der höchsten deutschen Spielklasse gewonnen, sind es seit der Wiederaufnahme Mitte Mai nur noch 27,4 Prozent.
Der Unterschied zwischen Vor- und Nach-Corona-Pause lässt sich auch an den erzielten Toren messen. Insgesamt wurden in der laufenden Bundesliga-Spielzeit 488 Heimtore und 460 Auswärtstore erzielt. Während es in der Phase mit Publikum vor der Unterbrechung ein klares Plus für die Heimtore (391) im Vergleich zu den Auswärtstoren (337) gab, schießen seit dem Wiederbeginn die Auswärtsmannschaften (123) mehr Tore als die jeweiligen Heimteams (97).
KRÄFTEVERHÄLTNISSE BESTÄTIGT
Sind die Bayern plötzlich schlagbar? Legt Paderborn auf einmal los? Die Corona-Krise führte bei vielen Vereinen erst zu Existenzsorgen und dann zu Ungewissheit – auch sportlich. Doch die Kräfteverhältnisse haben sich auch ab Mitte Mai bestätigt. Bayern gewann mit Erfolgscoach Hansi Flick fortan jedes Spiel, die ersten fünf Plätze der Tabelle sehen jetzt genauso aus wie bei der Unterbrechung. Auch an den beiden Abstiegsplätzen änderte sich nichts, wenngleich Bremen am Wochenende noch den Sprung auf Rang 16 schaffen kann. Nach der Pause verbessert haben sich Hoffenheim, Wolfsburg und Hertha, deutlich schlechter lief es in Folge für die sieglosen Teams aus Schalke und Köln.
TV-BOOM BLEIBT AUS
Gut zwei Monate stand der weltweite Sport still, dann legte die Bundesliga als eine der ersten großen Ligen überhaupt wieder los. Die Verantwortlichen der DFL und der Sendeanstalten erhofften sich angesichts der besonderen Situation und ausgesperrten Stadionzuschauern einen kleinen Boom – der allerdings ausblieb. Der Pay-TV-Sender Sky landete mit seinem Angebot, die ersten beiden Samstagskonferenzen frei empfangbar zu zeigen, einen Erfolg, jeweils über drei Millionen sahen am Samstagnachmittag Sky.
Die Sportschau hingegen verbuchte einen deutlichen Rückgang nach der Pause. Die Zuschauerzahl sank von 4,11 (erste Ausgabe) über 3,77 (zweite Ausgabe) auf 3,30 Millionen (dritte Ausgabe). Vor der Pause hatten fast fünf Millionen Fans durchschnittlich zugesehen. «Wir merken im Moment einen erkennbaren Rückgang des Interesses», erklärte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Man wisse nicht, ob die Zahlen auch einen gewissen Protest ausdrücken. «Aber Fußball ist einigen Menschen im Moment anscheinend nicht so wichtig wie sonst», sagte Balkausky.
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(dpa)