London (dpa) – Vor dem Start versteckte Usain Bolt, der Schelm und Superstar, sein Gesicht hinter seiner Hand und lächelte. Ja, Jamaikas Weltrekordler war kurz weg – und ist rechtzeitig vor den Olympischen Spielen wieder ziemlich schnell zurück.
Bei seinem Comeback in London ließ der 29-Jährige mit seinem Sieg über 200 Meter keinen Zweifel daran, dass er in Rio de Janeiro sein drittes Gold-Triple landen will. «Ich bin noch nicht voll in Form. Ich muss noch mehr arbeiten, aber mit der Zeit wird es gut werden», sagte Bolt nach seinen 19,89 Sekunden beim Diamond-League-Meeting.
Mit diesem Ergebnis in seinem ersten Rennen auf seiner Lieblingsdistanz 2016 steht Bolt auf Rang fünf der Weltbestenliste. Diese führt der Amerikaner LaShawn Merritt (19,74 Sekunden) vor Landsmann Justin Gatlin (19,75) an. Aber viel wichtiger für Bolt war die Erkenntnis: Der Oberschenkel hält. «Glücklich, das Rennen verletzungsfrei beendet zu haben», twitterte er später.
Eine Zerrung hatte Bolt Anfang des Monats dazu gezwungen, bei den Landesmeisterschaften in Kingston auszusteigen. Im Olympiastadion von London, wo er vor vier Jahren Gold über 100, 200 und 4 x 100 Meter feierte, siegte er nun souverän. «Back in business», sagte ein britischer Fernsehkommentator zum Auftritt des Superstars. «Zurück im Geschäft.»
Auch in der vergangenen Saison plagten den Jamaikaner zunächst Verletzungssorgen, bei der WM in Peking räumte er dann aber wieder alles ab. Dass seine US-Rivalen schon wieder große Töne spucken, vor allem nachdem Bolt angeschlagen war, versteht er nicht.
Eine «Respektlosigkeit» sei das, klagte Bolt. Enttäuscht sei er vor allem von Gatlin. «Ich, Usain Bolt, habe Jahr für Jahr bewiesen, dass ich der Größte bin.» Die Amerikaner fehlten natürlich in London, wie immer gehen sich die Konkurrenten bis zum Saisonhöhepunkt aus dem Weg. So setzte sich Bolt gegen Alonso Edward aus Panama (20,04 Sekunden) und den Briten Adam Gemili (20,07) durch.
Auf die große Show danach verzichtete der Favorit. Seine berühmte Bogenschützen-Pose hatte er bereits vor dem Start gezeigt. Aber es war mehr ein Ritual. Der Jamaikaner wirkte ernst bei seinem Comeback. Ein Fehlstart von Sean McClean und ein abgebrochener Start des Topfavoriten selbst hatten seine ganze Konzentration gefordert. «Ich spürte den Rost», sagte er danach. «Die Umsetzung war nicht perfekt, aber es war mein erstes Rennen, da kann ich mich nicht beschweren.»
Bevor sich in London alle Augen auf Bolt richteten, stand Kendra Harrison im Mittelpunkt. Die Amerikanerin brach in 12,20 Sekunden den Uralt-Weltrekord über 100 Meter Hürden. Im letzten Renndrittel hatte die schmächtige 23-Jährige ein unfassbares Tempo vorgelegt. So fiel die Bestmarke der Bulgarin Jordanka Donkowa von 1988.
Im Gegensatz zu Bolt kann Harrison in Rio nicht glänzen. Als Sechste der US-Auscheidungen hatte sie die Olympia-Teilnahme verpasst. «Weltrekordlerin genannt zu werden, das ist unbeschreiblich. Ich wollte hier rausgehen und zeigen, dass ich was drauf habe – auch wenn ich nicht bei Olympia dabei sein werde», sagte sie fassungslos. Europameisterin Cindy Roleder aus Leipzig hatte das Finale nicht erreicht und verpasste somit die Teilnahme an einem historischen Hürden-Rennen.
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(dpa)