Pyeongchang – Nach einem Thriller um Gold in der olympischen Bob-Bahn von Pyeongchang umarmten sich die beiden Hauptdarsteller Francesco Friedrich und Justin Kripps innig.
Im spannendsten Finale in der olympischen Bob-Geschichte durften sich die beiden Rivalen mit ihren Anschiebern Thorsten Margis und Alexander Kopacz gemeinsam als Olympiasieger feiern lassen. Der Sachse und der Kanadier hatten nach vier Durchgängen im Olympic Sliding Centre die exakt gleiche Zeit stehen.
«Das war ein Sensationsfinale, es war fantastisch für den Bobsport», sagte Friedrich und dachte auch an Kripps. «Er hat es absolut verdient.» Margis machte sich schon Gedanken für die Medaillenzeremonie: «Ich hoffe, sie haben vier goldene.» Bundestrainer René Spies meinte: «Das war ein unglaubliches Rennen. So spannend habe ich das noch nie erlebt.»
Es war der achte Olympiasieg eines deutschen Bobpiloten. Zwei Bobs zeitgleich hatte es bereits bei den Winterspielen 1998 in Nagano gegeben. Damals holten der Italiener Günther Huber und der Kanadier Pierre Lueders Gold.
Mit Friedrichs Erfolg haben die deutschen Bobfahrer ihr Olympia-Trauma von Sotschi vor vier Jahren gleich im ersten Rennen überwunden. In Russland waren sie erstmals in 50 Jahren ohne Medaille geblieben. «Das waren intensive vier Jahre in allen Bereichen», sagte der Bundestrainer.
Hinter Bronze-Gewinner Oskars Melbardis aus Lettland wurden Friedrichs Trainingspartner Nico Walther mit Christian Poser und der Berchtesgadener Johannes Lochner mit Christopher Weber Vierter und Fünfter. Walther hatte nach dem ersten Tag noch geführt.
Er und Lochner können sich damit trösten, dass sie im Viererbob ebenso wie Friedrich noch beste Chancen auf Medaillen haben. «Ich sehe die drei auf Augenhöhe», meinte Spies. «Ich habe schon vor der Saison gesagt, das werden hier die härtesten Rennen. Und so ist es heute eingetreten.»
Der 27-jährige Friedrich ist der einzige deutsche Fahrer, der das Debakel vor vier Jahren in Sotschi als Aktiver miterlebt hatte. Auch für ihn war es damals eine persönliche Schmach, die er nun getilgt hat. Das «Jahrhunderttalent», wie sein Heimtrainer Gerd Leopold den Oberbärenburger nennt, galt als Topfavorit für Pyeongchang.
Am ersten Tag hatte sein Schützling nur am Start seine Klasse gezeigt und schaffte den Startrekord von 4,58 Sekunden. Doch machte er einige Fehler in der Bahn und war zur Halbzeit Fünfter. «Nachdem wir gestern richtig gepatzt haben, können wir uns freuen, dass wir noch Gold mit Justin teilen können», sagte Friedrich. «Es war eine richtig stressige Nacht für uns. Wir haben vielleicht drei Stunden geschlafen.»
Für die letzten beiden Durchgänge am Montag bekam Friedrichs Schlitten hinten neue Kufen. Mit Erfolg. Im dritten Lauf raste er als einziger Pilot unter die 49-Sekunden-Marke und zum Bahnrekord in 48,98 Sekunden. Im Final-Durchgang zog er dann mit dem führenden Kripps gleich. Schon bei der WM 2017 hatten sie sich ein Duell geliefert. Damals siegte Friedrich.
Er hat in seiner Paradedisziplin bislang alles gewonnen. Lediglich der Olympiasieg fehlte. «Nur ein Olympia-Gold macht dich legendär», sagte Leopold, der schon Harald Czudaj 1994 in Lillehammer zum Vierer-Olympiasieger formte. Auch Friedrich ist nun endlich am Ziel.
(dpa)