London – Tausende grölende Menschen und massenhaft Bier aus großen Krügen: Was man sonst vom «Ballermann» auf der Partyinsel Mallorca kennt, wird von diesem Donnerstag an auch in London wieder Alltag.
In einer kleinen Halle im Norden der britischen Hauptstadt beginnt das große Darts-Spektakel, das an den meisten Tagen eher einer Karnevalsfeier gleicht: Menschen verkleiden sich, sind ausgelassen, trinken und feiern – ganz gleich, was vorne an der Scheibe passiert.
Der Hype um die Darts-WM ist in den vergangenen Jahren stets gewachsen. Wenn die Stars um Michael van Gerwen, Phil Taylor und Co. rund um den Jahreswechsel an die Scheibe gehen, zieht es nicht nur eingefleischte Darts-Fans vor die TV-Schirme. In den vergangenen Jahren schauten bis zu zwei Millionen Zuschauer zu, wenn der neue Weltmeister in einer Sportart gekürt wird, die immer wieder gerne als Kneipenspaß oder Freizeitbeschäftigung abgetan wird.
Grund dafür ist der Kultstatus der Weltmeisterschaft, die der Champion van Gerwen an diesem Donnerstag (ab 20.00 Uhr) mit einem Aufeinandertreffen gegen seinen niederländischen Landsmann Christian Kist eröffnen wird. «Die WM ist das Party-Turnier», sagt der Darts-Experte Elmar Paulke, der in den kommenden zweieinhalb Wochen die WM für den TV-Sender Sport1 kommentieren wird. «Die Leute feiern hier so ausgelassen wie an keinem anderen Ort.»
Die WM findet nicht in großen Stadien oder modernen Multifunktions-Arenen statt, sondern in der kleinen West Hall im «AllyPally», wie der Alexandra Palace genannt wird. Die bis zu 3000 Zuschauer, die dort Platz finden, tragen keine Trikots oder Schals in Fanfarben, sondern verkleiden sich als Banane, Teletubby oder Queen Elizabeth. Die Party-Stimmung wird auch dem TV-Zuschauer ins Wohnzimmer übermittelt. «Ich glaube, dass diese WM das Potenzial hat, neue Rekorde aufzustellen, was TV-Einschaltquoten betrifft», betont Paulke. Immerhin nimmt Rekord-Weltmeister Taylor mit 57 Jahren ein letztes Mal die Jagd auf die rund 20 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy auf.
Ein Umzug in die deutlich größere Great Hall, die sich ebenfalls im Alexandra Palace befindet, kam für die WM 2018 nicht zustande. Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Veranstalter bei einer Hallenkapazität von 10 000 statt 3000 Plätzen befürchteten, dass die einmalige Stimmung verloren gehen könnte.
Doch warum wird Darts immer populärer? «Ich denke, es ist ein unterhaltsamer Sport, weil es einfach zu verstehen, aber dramatisch anzuschauen ist», sagte der 28-jährige van Gerwen, seit Jahren der anerkannt Beste aller Pfeilewerfer, der Deutschen Presse-Agentur. Darts ist mehr als das Duell zweier Profis, es ist auch Inszenierung. Walk-On-Girls begleiten die Stars auf die Bühne, eine Einlaufmusik dröhnt aus den Boxen und soll die Fans antreiben, ihre Helden noch lautstärker mit Rufen und Gesängen zu feiern.
«Es beginnt alles mit der Atmosphäre», meint van Gerwen, in der Darts-Szene bekannt für sein grellgrünes Shirt und seinen Spitznamen «Mighty Mike». Zwei Männer, jeweils drei Pfeile, eine Scheibe, ein Sieger: Es kann so simpel sein. «Wenn die Fans einmal bei uns waren, wollen sie wieder kommen, weil sie unser Talent und unsere mentale Stärke schätzen», sagte van Gerwen.
(dpa)