Frankfurt/Main – Balian Buschbaum, der als Yvonne Buschbaum vor seiner Geschlechtsangleichung mehrfach deutscher Stabhochsprungmeister war, hat das Urteil im Fall Caster Semenya kritisiert.
«Schade, dass Caster Semenyas Anliegen von jemand be- und verurteilt wurde, der nie in ihren Schuhen gelaufen ist. Schade, dass Gerichte über Verstand und nicht mit Empathie entscheiden», sagte der 38-Jährige der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: «Mich würde wirklich interessieren, was Usain Bolt sagen würde, wenn man ihm Hormone gäbe, damit seine Beine schrumpfen. Nichts anderes verlangt man von Semenya.»
In einem wegweisenden Urteil hatte der Internationale Sportgerichtshof CAS im Streit um Testosteron-Grenzwerte für Frauen den Einspruch der südafrikanischen 800-Meter-Olympiasiegerin von 2012 und 2016 abgelehnt. Damit ist eine Regel des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF rechtens, mit der Testosteron-Limits für Mittelstreckenläuferinnen mit intersexuellen Anlagen festgesetzt werden.
«Wir wissen wissenschaftlich schon sehr, sehr lange, dass es eben nicht nur Männer und Frauen gibt, sondern viele Nuancen dazwischen. Wenn ich mir den Verlauf von Caster Semenyas Geschichte genau ansehe, hat sie mein Mitgefühl für alles, was sie schon durchmachen musste – nur auf Grund der Tatsache, dass die Gesellschaft noch nicht so weit ist», sagte Buschbaum. «Ich bin davon überzeugt, wäre sie 100 Jahre später geboren, wären viele Diskussionen und Anordnungen undenkbar.»
Der gebürtige Ulmer errang als Yvonne Buschbaum jeweils zwei deutsche Meistertitel in der Halle und im Freien, wurde bei Olympia 2000 in Sydney Sechster und gewann 1998 sowie 2002 EM-Bronze. 2008 schrieb Buschbaum bundesweit Schlagzeilen mit dem öffentlichen Bekenntnis, sich einer Geschlechtsangleichung zu unterziehen.
(dpa)