Gelsenkirchen – Drei Monate lang hat Clemens Tönnies sein Amt als Aufsichtsratschef beim Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 ruhen lassen müssen und ist in dieser Funktion nicht öffentlich in Erscheinung getreten.
Wer den 63 Jahre alten Fleisch-Unternehmer aus Rheda-Wiedenbrück kennt, weiß, wie schwer ihm das gefallen sein wird. Die monatlichen Sitzungen des Kontrollgremiums waren nach einem Beschluss des Schalker Ehrenrats ein Tabu für Tönnies.
Um nicht für noch mehr Aufmerksamkeit zu sorgen, belegte er sich sogar mit einem Besuchsverbot der Heimspiele seines Herzensclubs. Die Partien schaute er sich am Fernseher an. Dabei habe Tönnies ja «kein Stadionverbot», sagte Schalke-Unternehmenssprecherin Anja Kleine-Wilde der Deutschen Presse-Agentur. Gleichwohl zog es der impulsive Tönnies vor, erstmal abzutauchen und Gras über die für ihn und den Club delikate Affäre wachsen zu lassen.
Am 6. August hatte der Schalker Ehrenrat nach den viel diskutierten und zum Teil als rassistisch eingestuften Äußerungen von Tönnies über Afrikaner entschieden, dass dieser sein Amt drei Monate nicht ausüben dürfe. Tönnies hatte als Redner beim Tag des Handwerks in Paderborn Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert. Stattdessen solle man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. «Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.»
Am Mittwoch um 24.00 Uhr läuft Tönnies‘ Zwangspause ab. Dem Vernehmen nach hat Tönnies die Zeit genutzt, um sich Gedanken über seine Rolle bei einem der emotionalsten deutschen Fußball-Vereine zu machen. Mit welchen Ergebnis, wird er wohl bald im hauseigenen Schalke-TV oder via Club-Homepage mitteilen. In anderen Medien will sich Tönnies vorerst nicht äußern.
Beim anstehenden Bundesliga-Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) in der Arena gegen Fortuna Düsseldorf wird es noch kein Tönnies-Comeback geben. Das bestätigte seine Kommunikationsagentur. Dem Vernehmen nach hält sich der Fabrikant geschäftlich im Ausland auf. Bei der nächsten Schalker Aufsichtsratssitzung im Dezember wird Tönnies dann aber die Club-Geschäfte wie gewohnt übernehmen.
Dass Tönnies beim üblichen Essen vor dem Spiel mit den Verantwortlichen des Gegners nicht zugegen ist, dürfte ihm nicht ungelegen kommen. Schließlich träfe er wohl auf Fortuna-Vorstandschef Thomas Röttgermann, der Tönnies scharf kritisiert hatte. «Ich bin nicht Clemens Tönnies. Für mich kann ich aber sagen: Ich wäre zurückgetreten», sagte Röttgermann im dpa-Interview.
In der vergangenen Woche hatte Tönnies mit seinem Auftritt als Gast bei der Verleihung des NRW-Landesverdienstordens an Schalkes langjährigen Torhüter Manuel Neuer durch Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in der Düsseldorfer Staatskanzlei für Aufsehen gesorgt. Die Duisburger Landtagsabgeordnete Sarah Philipp (SPD) bezeichnete den Tönnies-Auftritt via Twitter als «deplatziert».
Schalke-Fan Peter Lohmeyer war aus Empörung über Tönnies sogar aus dem Club ausgetreten. Schalke sei immer ein Vorreiter im Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus gewesen. Darauf sei er stets «sehr stolz» gewesen, meinte der Schauspieler. Seiner Ansicht nach hätte Tönnies «allen einen Gefallen getan, wenn er zurückgetreten wäre».
Sauer war auch Richterin Kornelia Toporzysek, die aus dem Schalker Ehrenrat zurücktrat, nachdem dieser Tönnies vom Vorwurf des Rassismus freigesprochen und lediglich einen Verstoß gegen die Satzung und das Leitbild des Clubs geahndet hatte. «Ich glaube nicht mehr daran, dass die vereinsinternen Strukturen eine meinem Amtsverständnis entsprechende Erfüllung der Aufgaben zulassen», sagte Toporzysek.
(dpa)