Kopenhagen – Der Däne Andreas «Xyp9x» Højsleth lebt wohl den Traum vieler E-Sport-Fans: Mit seinem Counter-Strike-Team Astralis gewann er vier Major-Turniere und stand mit Unterbrechungen 110 Wochen lang auf Platz Eins der inoffiziellen Weltrangliste von «HLTV».
Top-Spieler zahlen für ihren Ruhm oft einen hohen Preis. «Ein Spieler in einer Sport- oder Wettkampfumgebung kann nicht einfach zuhause bleiben», sagt Kasper Hvidt, Sportdirektor der Astralis Group, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
«Egal ob er sich krank fühlt, es vielleicht einen familiären Notfall gibt oder Nachwuchs ins Haus steht.» Der Druck sei oft unmenschlich. «Ganz anders als in traditionellen Sportmannschaften», so Hvidt.
Xyp9x scheint nach vier Jahren bei Astralis ausgebrannt. Turnier an Turnier, Medienauftritte sowie ständiges Reisen, zumindest vor der Ausbreitung des Coronavirus, fordern ihren Tribut.
«Ich habe Burnout-/Stresssymptome seit vielen Monaten», schrieb der Däne auf Twitter. «Ich würde nichts lieber tun als ohne Pause weiterzuspielen, aber die Zeit ist gekommen, um mich um meine Gesundheit zu kümmern.» Wie lange er pausieren will, war zunächst nicht bekannt.
Und Xyp9x ist kein Einzelfall, nichtmal in seinem eigenen Team. Auch Lukas «gla1ve» Rossander legt wegen Stress- und Burnout-Symptomen auf Anraten seines Arztes und des Teams eine dreimonatige Pause ein. Als Ersatz hat Astralis Marco «Snappi» Pfeiffer und Jakob «JUGi» Rask Hansen verpflichtet, Patrick «es3tag» Hansen stößt im Juli hinzu.
In einem Statement auf Twitter gab die Counter-Strike Professional Players Association (CSPPA) bekannt, dass immer mehr Spieler mit Stresssymptomen, Angstgefühlen oder Depressionen zu kämpfen haben. Vor diesem Hintergrund wies die Organisation darauf hin, dass sie für CS:GO-Spieler mit akuten Problemen als erste Anlaufstelle eine Telefon-Hotline eingerichtet habe.
Zum Vergleich: In League of Legends ist es üblich, für die Top-Teams noch eine B-Mannschaft zu haben, auf deren Spieler man notfalls zurückgreifen kann. In Rocket League haben die meisten großen Mannschaften zumindest einen Auswechselspieler. Und die Teams der Overwatch League haben zum Teil eine komplette Doppelbesetzung.
In CS:GO ist das schwieriger. Platzierungen in Ranglisten und Einladungen zu Turnieren sind oft nicht an die Organisation gebunden, sondern an einen Teamkern von drei der fünf Spieler.
Für die Major-Turniere, ähnlich bedeutend wie eine Weltmeisterschaft, sind diese Regeln sogar noch strikter. Für das im November anstehende Major in Rio de Janeiro können Teams in drei Turnieren Qualifikationspunkte sammeln. Fällt einer der Stammspieler aus, verliert das Team 20 Prozent seiner Punkte.
Die Mannschaften werden also für krankheitsbedingte Ausfälle noch bestraft. So wird trotz physischer oder psychischer Beschwerden gespielt. Schließlich geht es um das wichtigste Turnier des Jahres.
Astralis plant nun, für jede Rolle im Team einen zweiten Spieler zu finden. So will man eine Mannschaft aufbauen, die in Zukunft aus zehn Spielern bestehen könnte.
Dass es bei Turnieren zu Komplikationen kommen könnte, ist für Hvidt zweitrangig: «Wir können nicht darauf warten, dass sich die Branche bewegt. Schließlich geht es um die Gesundheit der Spieler. Hier setzen wir Prioritäten, auch wenn uns die Turnierorganisatoren dafür bestrafen sollten. Die Nummer eins in der Weltrangliste zu sein, werden wir nicht mit der Gesundheit unserer Spieler erkaufen.»
(dpa)