Jekaterinburg/Kasan – Am Ende gab es großen Applaus für Akira Nishino.
Die Einlassungen von Japans Nationaltrainer hatten zwar eher den Nachrichtenwert eines Verkehrsberichts in Tokio, und auch das WM-Achtelfinale war noch gar nicht erreicht, doch die Großschar der japanischen Medienvertreter war nach dem 2:2 (1:1) gegen den Senegal äußerst zufrieden.
Die ruhige und sachliche Art von Nishino kommt bei den Japanern an, und vier Punkte nach zwei Spielen sind nach all den Turbulenzen um die kurzfristige Trennung vom Serben Vahid Halilhodzic mehr, als zu erwarten war.
Falcao, Zico, Ivica Osim oder Alberto Zaccheroni – die Zeiten sind vorbei, als die Japaner noch auf ausländisches Know-how setzten. «Auch wenn es die Chancen auf den WM-Titel nur um ein oder zwei Prozent erhöht, wir mussten handeln», sagte Verbandschef Kozo Tashima. Gotoko Sakai vom Hamburger SV pflichtete bei: «Die Maßnahme war ungewöhnlich, aber auch nötig.» Sprache, Mentalität und Fußballverständnis passten zwischen Halilhodzic und den Japanern nicht mehr.
Einen ähnlichen Weg wie die Samurai Blue sind auch die Senegalesen gegangen. Aliou Cissé ist seit drei Jahren im Amt, und der Rastamann im feinen Anzug fällt nicht nur wegen seines äußerlichen Erscheinungsbildes auf. Gegen Polen hatte er seine Mannschaft taktisch clever eingestellt, auch gegen die quirligen Japaner schien die Marschroute lange aufzugehen. «Ich repräsentiere eine neue Generation, die hart arbeitet», sagte der mit 42 Jahren jüngste WM-Trainer.
Auf einheimische Trainer zu setzen, ist der neue Trend. Bei der Weltmeisterschaft in Russland ist die Zahl ausländischer Übungsleiter im Vergleich zum Turnier vor vier Jahren von 14 auf elf gesunken. Die, die es nicht machen, sind mitunter enttäuscht worden. Der Argentinier Hector Cuper ist mit Ägypten schon raus, genauso wie seine Landsleute Juan Antonio Pizzi mit Saudi-Arabien oder Ricardo Gareca mit Peru.
Während bei vielen großen europäischen Nationen ein ausländischer Coach ohnehin als nahezu undenkbar gilt, setzten vor allem kleinere Länder oder WM-Debütanten auch mangels gut ausgebildeter Alternativen im eigenen Land lange auf Erfahrung und Expertise von außerhalb. Oft prägen diese Trainer den Fußball über Jahre hinweg, wie etwa der Portugiese Carlos Queiroz, der seit 2011 die Auswahl Irans trainiert. Den WM-Titel gewannen bislang jedoch nur Länder mit einem einheimischen Trainer.
Auch Mexikos kolumbianischer Coach Juan-Carlos Osorio sah sich zumindest bis zum 1:0-Sieg gegen Deutschland zum WM-Auftakt immer wieder Kritik ausgesetzt. «Der Trainer ist Kolumbianer, und seine Art, die Mannschaft aufzustellen, gefällt uns Mexikanern nicht», sagte der frühere Stürmer Hugo Sánchez der «Sport Bild». «Aufgrund meiner Ideologie werde ich nicht akzeptieren, dass ein Ausländer die Mannschaft trainiert. Mexiko gehört zu den großen Teams der Welt, und wir haben genug Trainer, die den Job prima machen können», sagte er.
Die Japaner wissen aus eigener Erfahrung, welche Vorteile die Arbeit mit einem Coach hat, der Land und Leute kennt. «Wir verstehen uns auf Japanisch. Das macht es manchmal viel, viel leichter, als wenn der Trainer eine andere Sprache spricht», sagte Sakai über die Arbeit mit Nishino, der zuvor Sportdirektor beim Verband war. «Wir haben die gleiche Meinung, wie die japanische Fußball-Kultur sein sollte.» Nishinos Vorgänger Halilhodzic wollte Stars wie den Dortmunder Shinji Kagawa aussortieren – eine Maßnahme, die in Japan nicht gut ankam.
Vor allem die Afrikaner haben lange Zeit ihren eigenen Leuten nicht vertraut und verfahren im Fall von Marokko, Ägypten oder Nigeria auch heute noch so. Trainer Cissé glaubt, dass für den Fortschritt dieser Nationen in Zukunft afrikanische Trainer nötig sind: «Wir sind gut in Taktik, wir haben das Recht, zu den internationalen Top-Trainern zu gehören.» Cissé bekam natürlich auch Applaus.
(dpa)