Varazdin – Nach der krachend gescheiterten Mission Titelverteidigung stellt der Deutsche Handballbund (DHB) alles auf den Prüfstand. Schwer enttäuscht verschwanden Bundestrainer Christian Prokop und seine Spieler aus der EM-Arena im kroatischen Varazdin.
DHB-Vizepräsident Bob Hanning wollte sich noch in der Nacht mit Prokop austauschen, eine ausführliche Analyse soll dann in den Tagen nach der unerwartet frühen Rückkehr folgen. Hanning steckte aber schon im Anschluss an das 27:31 im abschließenden EM-Spiel gegen Spanien die Themen für die allgemeine Aussprache ab.
DER TRAINER: «Es gibt keine Trainerdiskussion. Aber alles gehört auf den Prüfstand», machte Hanning deutlich. Auch die Arbeit des DHB-Vizepräsidenten selbst gehört dazu. Er ist für Prokops Verpflichtung verantwortlich. Das erste Turnier lief für den 39-Jährigen alles andere als rund, immer wieder war von atmosphärischen Störungen zwischen ihm und der Mannschaft die Rede. «Ich konnte wichtige Erkenntnisse sammeln und denke, dass man die in Zukunft sehen wird», sagte Prokop. In vielen Situationen wirkte der Coach zu verbissen. Hanning hatte ihn im vergangenen Jahr für 500 000 Euro vom SC DHfK Leipzig freigekauft und ihn mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet.
DIE SPIELER: Schon vor dem Turnier sorgte Prokop für Aufregung, weil er Abwehrchef Finn Lemke zunächst überraschend daheim ließ. «Ich glaube, das hat uns nicht gut getan», sagte Hanning nun deutlich. Erst nach dem zweiten EM-Spiel nominierte der Trainer Lemke nach. Trotz seiner teils umstrittenen Personalentscheidungen und anfangs vieler Wechsel während der Turnierpartien müssen sich auch die Spieler selbst hinterfragen. Kapitän Uwe Gensheimer sowie etliche Europameister wie Tobias Reichmann oder Hendrik Pekeler blieben während des Turniers deutlich unter ihren Möglichkeiten. Dass Gensheimer, Reichmann oder andere erfahrene Akteure zum Teil die einfachsten Bälle nicht ins Tor warfen, ist sicher nicht dem Trainer anzulasten. Zudem blieb der Spielaufbau aus dem Rückraum das ganze Turnier über mangelhaft.
DIE VERBANDSFÜHRUNG: Trotz der nächsten Enttäuschung nach dem frühen WM-Aus vor einem Jahr halten Hanning und Co. an ihren Zielen fest. Bei der WM 2019 im eigenen Land und in Dänemark soll eine Medaille her, bei den Olympischen Spiele 2020 in Tokio ist Gold die klare Vorgabe. Prokop war für dieses Projekt verpflichtet und daher auch mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet worden. Die Verbandsspitze um Hanning dürfte daher großes Interesse daran haben, dass mit Prokop die Wende gelingt.
(dpa)