Alles andere als «bella figura» – Milan abseits des Erfolgs

Mailand – Silvio Berlusconi lässt keine Gelegenheit aus, um leidenschaftlich über seinen früheren Fußball-Club zu schimpfen. 

«Ich erleide und spüre einen starken Schmerz, weil die Dinge nicht so laufen, wie sie sollten», sagte der Ex-Inhaber der AC Mailand und ehemalige italienische Ministerpräsident in einem Fernsehinterview. Falsch liegt er damit nicht. Bei dem Mailänder Club hat sich einiges aufgestaut. Und längst sind es nicht mehr nur die Ergebnisse, die nicht passen.

Obwohl die neuen Eigentümer aus China im Sommer auf millionenschwere Einkaufstour auf dem Transfermarkt gingen, will in dieser Saison so gar nichts gelingen. Sieben Niederlagen stehen in der Serie A sieben Siegen gegenüber. Der Traditionsclub bewegt sich in der Tabelle nicht vom Fleck, derzeit steht er auf Platz acht. Und es ist schwer zu sagen, was mehr schmerzte: die zwei Gegentore – Torwart-Tor inklusive – gegen Europas schlechtesten Erstligisten Benevento. Oder die 0:3-Niederlage gegen den Tabellen-19. Hellas Verona.

Die beiden bitteren Partien musste auch der Neue auf der Trainerbank, Gennaro Gattuso, mit ansehen. Nicht mal eine Mailand-Legende wie er vermag es derzeit, den Club in die Erfolgsspur zurückzubringen. Milan macht gerade alles andere als eine «bella figura», Gattuso spricht öfter vom Gegenteil: «figuraccia». «Wir müssen uns entschuldigen und verstehen, warum diese Dinge passieren: Wir haben eine schlechte Figur gemacht», sagte er nach der jüngsten Klatsche am Sonntag.

Geht es nach Berlusconi, stehen viel zu wenige Top-Spieler auf dem Platz – dabei hatte Milan im Sommer 230 Millionen Euro für neue Akteure ausgegeben. In den Augen des Ex-Cavaliere taugen lediglich Giacomo Bonaventura, Suso und Torwart-Ausnahmetalent Gianluigi Donnarumma etwas.

Letzterer wiederum sorgt weiterhin für schlechte Stimmung im Stadion: Laut Medienberichten will Donnarummas umstrittener Berater Mino Raiola seinen Mandanten mit allen Mitteln aus dem bis 2021 laufenden Vertrag bekommen. Und die Milanisti haben dem 18-Jährigen nicht verziehen, dass er im Sommer ein Vertragsangebot mit üppigem Gehalt von seinem Club erst ablehnen wollte. Sogar Ex-Ministerpräsident Enrico Letta, populärer Milan-Fan, scheute sich zuletzt nicht davor, zu twittern, dass er Donnarumma auch ausgepfiffen hätte, wäre er im Stadion gewesen.

Zu allem Überfluss holte die UEFA vergangene Woche noch zu einem «Stockschlag» aus, wie die «Gazzetta dello Sport» es nennt. Mit der Verpflichtung zahlreicher Spieler hat der Verein mehr Geld investiert als eingenommen. Sollte die Europäische Fußball-Union zu dem Schluss kommen, dass der Erstligist gegen die Financial-Fairplay-Regeln verstoßen hat, drohen Sanktionen. Mailand könnte dann von europäischen Wettbewerben ausgeschlossen werden.

Offenbar hat die UEFA trotz vorgelegten Finanzplans nicht nachvollziehen können, wie Milan die hohen Ausgaben – auch angesichts der ausbleibenden Erfolge – refinanzieren will. Die zuständige Untersuchungskammer sei der Auffassung gewesen, hieß es in einer Mitteilung, «dass weiterhin Unsicherheiten hinsichtlich der Refinanzierung der im Oktober 2018 fälligen Darlehen sowie der finanziellen Garantien des Hauptaktionärs bestehen». Sie will den Club weiterhin beobachten und im Frühjahr entscheiden.

Und damit gelangt man zum letzten Glied der Unglückskette: dem neuen Eigentümer. Was die «New York Times» kürzlich über die Vermögenslage von Li Yonghong veröffentlichte, liest sich wie ein bizarres Märchen. «Als der chinesische Geschäftsmann Li Yonghong die AC Mailand kaufte, den weltberühmten italienischen Fußballclub, hatte so gut wie niemand in Italien je von ihm gehört», hieß es.

In China allerdings scheint ihn auch niemand zu kennen. Die Phosphat-Mine, die Quelle seines Reichtums sein soll, hat mittlerweile einen neuen Eigentümer – und der will Li auch nicht kennen. Kommt zu den ausbleibenden Erfolgen nun noch eine Finanzkrise hinzu, rücken die glorreichen Zeiten für die Associazione Calcio Milan in noch weitere Ferne.


(dpa)

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