Halle/Westfalen – Die Wachablösung im deutschen Herren-Tennis ist längst vollzogen. Doch wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wer die deutsche Nummer eins ist, dann lieferte sie Alexander Zverev bei den Gerry Weber Open im westfälischen Halle.
Der Nachwuchsstar setzte sich im Achtelfinale gegen den langjährigen deutschen Spitzenspieler Philipp Kohlschreiber klar mit 6:3, 6:4 durch und erreichte traumwandlerisch sicher das Viertelfinale. Dort wartet am Freitag Roberto Bautista Agut. Der Spanier bezwang Dustin Brown mit 6:4, 1:6, 7:6 (8:6).
«Es war trotz des Ergebnisses sehr schwer für mich», sagte Zverev nach seiner souveränen Vorstellung. Der Weltranglisten-Zwölfte benötigte aber lediglich 64 Minuten für seinen Erfolg. Mit dem dritten Matchball machte der Vorjahresfinalist das Weiterkommen perfekt. An einen erneuten Endspiel-Einzug verschwendet der gebürtige Hamburger aber noch keinen Gedanken. «Ans Finale zu denken ist jetzt noch zu früh. Vorher warten noch schwere Gegner.»
Vor Beginn des Turniers hatte Zverev mit der forschen Aussage, er wolle am Ende des Jahres bei den ATP-World-Tour-Finals in London dabei sein, die Marschroute für die zweite Hälfte des Jahres 2017 vorgegeben. Und in Halle lässt der 1,98 Meter Schlaks seinen Worten bislang Taten folgen. In der ersten Runde ließ er dem Italiener Paolo Lorenzi eine Chance. Nun zeigte er Kohlschreiber klar die Grenzen auf.
«Ich bin sehr zufrieden, wie ich gespielt habe», sagte Zverev. Mit druckvollem Spiel ließ er Kohlschreiber nie ins Spiel kommen, hatte zu jeder Zeit die Kontrolle über die Partie. Nachdem er den ersten Satz mühelos gewonnen hatte, nahm er Kohlschreiber zu Beginn des zweiten Durchgangs erneut das Service ab und brachte den Sieg danach ohne Schwierigkeiten nach Hause. Vor allem bei eigenem Aufschlag bestimmte Zverev das Geschehen, gestattete Kohlschreiber im gesamtem Match keinen einzigen Breakball.
Fast wäre es für Zverev im Viertelfinale erneut zu einem Duell mit einem Landsmann gekommen. Doch Dustin Brown musste sich Bautista Agut am Ende knapp in drei Sätzen geschlagen geben.
Brown war nach der unglücklichen Niederlage enttäuscht und lieferte sich in der anschließenden Pressekonferenz einen kleinen Disput mit einem Journalisten. «Dann gehen Sie doch zum Fußball, wenn Sie solche Fragen stellen», blaffte Brown den Fragesteller an, nachdem dieser wissen wollte, was Brown mit Blick auf Wimbledon besser machen könne. «Ich habe im Tiebreak des dritten Satzes verloren, und Sie stellen so eine Frage», schimpfte Brown. «Geh zum Fußball, du Depp.»
Zuvor hatte er das Publikum wieder einmal mit seiner spektakulären Spielweise begeistert. Doch auch die Unterstützung der Fans konnte Brown nicht trösten. «Ich gehe nicht da raus, um die Leute zu unterhalten, sondern um Spiele zu gewinnen. Wenn es den Leuten gefällt, dann ist das ein schönes Beiwerk, aber es ist nicht mein primäres Ziel.»
Brown steigerte sich gegen Bautista Agut nach verlorenem ersten Satz und überzeugte mit tollem Serve-and-Volley-Spiel. Im dritten Satz lag der Niedersachse mit den Rasta-Locken sogar mit 3:1 in Führung. Am Ende reichte es aber nicht zum Einzug ins Viertelfinale.
(dpa)