Frankfurt/Main – Schon vor dem mit Spannung erwarteten Neustart der Fußball-Bundesliga an diesem Samstag herrscht große Uneinigkeit.
Wie kann die Saison in der derzeitigen Coronavirus-Pandemie so fair wie möglich beendet werden? Was passiert, wenn zu viele Infektionen ligaintern oder eine zweite Welle für einen Abbruch der laufenden Spielzeit sorgen? Die Deutsche Presse-Agentur beantwortet die zentralen Fragen zur Saison-Fortsetzung, die DFL-Boss Christian Seifert den «absoluten Notbetrieb» nannte.
Was ist das Best-Case-Szenario für DFL und Vereine?
Dass die verbleibenden neun Spieltage der Bundesliga weitgehend störungsfrei durchgezogen werden können und die Saison bis 30. Juni beendet wird. Mit Hilfe des Hygiene- und Sicherheitskonzepts hat eine Taskforce der DFL die Grundlage für die bevorstehenden Geisterspiele geschaffen, die auch Bund und Länder überzeugten. Spulen Bundesliga und 2. Liga ihr angepeiltes Programm bis Ende Juni ab, drohen keine Wertungsfragen und damit auch keine Klagen. Der Tabellen-17. und 18. steigen direkt sportlich ab, es gibt einen Meister, usw. – auch wenn der sportliche Wettbewerb während Corona ein anderer sein wird als vor der Krise.
Was ist das Worst-Case-Szenario für DFL und Vereine?
Zahlreiche positive Corona-Tests bei Spielern, die mit den dazugehörigen Quarantäne-Maßnahmen für einen vorzeitigen Abbruch der Spielzeit sorgen. Dass Chaos und Streit in einem solchen Fall kaum zu verhindern wären, deutete sich bereits an, als die DFL am Mittwoch laut «Kicker» über Wertungsfragen abstimmen ließ. Demnach votierten zehn Vereine dafür, die Saison nach aktuellem Stand zu werten – acht waren dagegen. Bremens Aufsichtsratschef Marco Bode sagte hingegen, dass es keine Abstimmung gegeben habe.
Besonders Vereine wie Werder Bremen oder der SC Paderborn dürften sich massiv dagegen wehren, weil ein Abstieg durch DFL-Beschluss die ohnehin riesigen Sorgen in der derzeitigen Krise massiv vergrößern würden. Eine komplette Annullierung der Saison hingegen könnte Clubs um den Lohn ihrer bisherigen Saison bringen, zum Beispiel den FC Bayern oder Zweitliga-Aufstiegskandidat Arminia Bielefeld.
Über welche Fragen sind die Vereine uneinig?
Hauptsächlich Wertungsfragen. Wer darf bei Abbruch international spielen, wer muss den Gang in die 2. Liga antreten? Wie sehr jeder Verein interessengetrieben agiert, zeigt sich in Frankreich und in den Niederlanden, wo die Saison bereits abgebrochen wurde – nun drohen Klagen. Auch in der 3. Liga in Deutschland votieren vorrangig Vereine für einen Abbruch, die davon profitieren könnten, weil sie entweder auf einem Aufstiegsplatz stehen oder auf einem der letzten Plätze und so auf die Aussetzung des Abstiegs hoffen. In der Bundesliga könnte ein solches Szenario auf 20 statt 18 Erstligisten hinauslaufen, doch das DFL-Präsidium präferiert sportliche Entscheidungen mit Auf- und Abstieg.
Was gefährdet einen fairen sportlichen Wettbewerb?
Das Coronavirus und seine Folgen. Der Zweitliga-Letzte Dynamo Dresden befindet sich derzeit für zwei Wochen in häuslicher Quarantäne, was für die Sachsen konkret bedeutet: Eklatanter Trainingsrückstand, dazu mindestens zwei Nachholspiele. Da die anderen Proficlubs nicht pausieren, wenn sich ein Rivale in Quarantäne begeben muss, ist Ungleichheit für den Rest der Saison programmiert.
Dresdens Finanzchef Michael Born kommentierte: «Unter einem fairen Wettbewerb verstehe ich nicht, wenn man drei Tage nach der Quarantäne wieder in ein Meisterschaftsspiel gehen muss. Man muss schon einige Tage Mannschaftstraining haben.» Damit würde die zweiwöchige Quarantäne, die schon eine Woche vor der Wiederaufnahme begann, für drei Spielverlegungen sorgen. Passiert so etwas im Spielbetrieb, kann es mit Englischen Wochen schnell um vier oder fünf Verlegungen gehen, die im ohnehin knappen Zeitplan möglichst bis Ende Juni nachgeholt werden sollen.
Welcher Einfluss droht für die Bundesliga-Saison 2020/21?
Das ist momentan noch nicht abzusehen. Eine denkbare Aufstockung der Bundesliga auf 20 Teams dürfte aber schon deshalb kompliziert werden, weil sich die vom Virus getriebene Terminhatz im Sommer und Herbst nicht entspannen dürfte. Es ist völlig unklar, ob der Spielbetrieb im August oder September planmäßig laufen kann. DFL-Boss Seifert stimmte die Clubs schon mal auf eine längere Phase der Geisterspiele ein. «Wir wissen nicht, ob Geisterspiele nicht im Februar, März noch stattfinden», warnte er. Momentan sind Großveranstaltungen bis zum 31. August untersagt.
(dpa)