21 Gewinner: Draxler & «Jo» reifen, Goretzka & Werner zünden

St. Petersburg – Joachim Löw schwärmte von seinem Siegerteam. «Für mich sind alle Gewinner», verkündete der Bundestrainer nach dem Gewinn des anfangs belächelten Confederations Cups.

Bis auf Torwart Kevin Trapp setzte der Weltmeistercoach in den fünf Partien in den russischen WM-Stadien alle übrigen 20 Akteure ein. «Alle Spieler, die jetzt dabei waren, haben eine bessere Position als vor dem Confed Cup», urteilte Löw nach dem 1:0 im Finale gegen Chile mit Blick auf ihren weiteren Weg in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Ein paar Spieler konnten ihren Status jedoch besonders aufpolieren.

LEON GORETZKA: Auf den 22 Jahre alten Schalker war Löw besonders gespannt. Dem dynamischen Youngster traut er zu, im Mittelfeld den arrivierten Weltmeistern wie Sami Khedira Druck zu machen. Goretzka zeigte sein gesamtes Repertoire, erzielte zudem drei Tore. Ihn nach Russland mitzunehmen und nicht die U21-EM in Polen spielen zu lassen, war eine Entscheidung mit Weitsicht von Löw. «Leon hat das Turnier bei der A-Mannschaft besonders gut getan», urteilte Teammanager Oliver Bierhoff. Goretzka sitzt fest im WM-Zug – mit guten Perspektiven.

TIMO WERNER: Bei seinem ersten FIFA-Turnier gewann der Leipziger mit drei Treffern auf Anhieb den Goldenen Schuh als bester Torschütze. Brasiliens Stürmer-Legende Ronaldo überreichte ihm die Trophäe, Diego Maradona war auf dem Podium danach erster Gratulant. Werners Erfolg erinnerte an Weltmeister Thomas Müller, der 2010 ebenfalls kurz vor der WM in Südafrika debütierte und dann mit fünf Toren Topschütze wurde. Ab dem dritten Spiel stand der 21-jährige Werner beim Confed Cup in der Startelf und wurde zu einer fixen Größe. «Er ist ein talentierter junger Spieler mit unglaublichem Zug zum Tor. Er gibt Tiefe. Er gibt Schnelligkeit. Er hat den nötigen Biss. Mit drei Toren hat er das schon gut untermauert», urteilte Ex-Topstürmer Bierhoff.

LARS STINDL: Mit dem Siegtor im Finale schoss er Deutschland zum ersten Confed-Cup-Titel. «Ich habe ihn ganz ruhig reingeschossen», sagte der Gladbacher, der die Rolle von Mario Götze übernahm, der 2014 im WM-Endspiel das entscheidende 1:0 in Rio de Janeiro gegen Argentinien erzielte. Der Spätberufene war neben den Youngstern Goretzka und Werner die dritte große Entdeckung in diesem Perspektivteam. Löw schätzt Stindls intelligentes Spiel zwischen den Linien – drei Tore waren stark. Mit 28 hat er sich eine echte WM-Perspektive geschaffen. Anfangs war er froh, dabei zu sein – «und jetzt so einen entscheidenden Beitrag zu leisten», erstaunte ihn selbst. Er darf garantiert wiederkommen.

JULIAN DRAXLER: Gewinner-Käpt’n mit 23. Löw wollte, dass sich der Offensivakteur im jüngsten Team des Turniers zu einer Führungskraft entwickelt. Im Finale machte der Weltmeister sein bestes Spiel. «Er ist in der Aufgabe gewachsen. Er war ein sehr guter Kapitän», lobte der Bundestrainer. Draxler ist für Löw «ein Gewinnertyp». Er sieht in der jungen Stammkraft einen der Anführer in der Generation nach Neuer, Khedira, Boateng und Co. Der Profi von Paris Saint-Germain wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. «Für mich war wichtig, dass ich in eine andere Rolle geschlüpft bin», resümierte Draxler.

JOSHUA KIMMICH: Der 22-Jährige entwickelte sich in Russland zum heimlichen Anführer der unerfahrenen Mannschaft. Für Löw ist der ehrgeizige Jungprofi längst unverzichtbar. Seit seinem Raketenstart bei der EM 2016 stand er in den letzten 19 Länderspielen jede Minute auf dem Platz! Löw traut dem nun 20-maligen Nationalspieler eine «Riesenkarriere» zu. Beim Confed Cup übernahm «Jo» auch schon mal die Kapitänsbinde. Im hitzigen Finale legte sich der Youngster sogar mit Bayern-Kollege Arturo Vidal an – ein Zeichen. In München könnte er nicht nur rechts hinten zum Nachfolger von Philipp Lahm wachsen.

MARC-ANDRÉ TER STEGEN: Der Torwart vom FC Barcelona wurde von Löw offiziell zur Nummer 2 hinter Manuel Neuer aufgewertet. Aber zum in Russland fehlenden Welttorhüter klafft eine große Leistungslücke. Der 25-jährige ter Stegen hat gute Anlagen, aber als Turniertorhüter war er nur gegen Mexiko ein starker Rückhalt. Im Finale ließ er zweimal den Ball nach vorne abprallen. Er sicherte aber das 1:0 mit einer großen Abwehr beim Freistoß von Alexis Sanchez in der Nachspielzeit. «Ich versuche nur, mich in den Dienst der Mannschaft zu stellen», sagte ter Stegen. Seine Wahl zum «Man of the Match» war übertrieben.

SEBASTIAN RUDY: Der Unterschätzte war eine feste Größe. Löw setzte konsequent auf den unscheinbaren Profi, der sich in der WM-Saison auch beim FC Bayern durchsetzen will. In jedem Spiel in der Startelf, im Finale als Quarterback vor der Abwehr herausragend. «Seine Ruhe und Souveränität am Ball, gerade auf dieser wichtigen Position, das ist klasse», sagte Löw über den unspektakulären Spieler, der vor der Europameisterschaft 2016 noch ein Härtefall war. «Es war eine harte Entscheidung, als er aus dem Kader geflogen ist», erinnerte Löw.


(dpa)

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