Bereits zehn Jahre ist es her, dass der ehemalige VW-Vorstand Peter Hartz Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder sein Reformkonzept vorgelegt hat und die „Agenda 2010“ eingeläutet wurde. Heute scheiden sich die Geister über eine der größten Arbeitsmarkt- und Sozialreformen Deutschlands.
Hat Hartz IV die Gesellschaft unsozialer gemacht?
2005 trat die Hartz-IV-Reform in Kraft. Mit ihr wurden Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammengelegt. Im Bundeswahlkampf 2002 sprach Schröder damals von der mutigsten Arbeitsmarktreform in der Geschichte Deutschlands. Jetzt, 10 Jahre danach, zieht der Altbundeskanzler Bilanz und spricht von einem „Gewinn für die Gesellschaft“. Mit der Reform sei der Arbeitslosigkeit entgegengewirkt worden und die Zahl der Arbeitslosen seither um 2 Millionen gesunken. Der damalige Bundeskanzler verteidigt seine Position: Mit Einführung von Hartz IV sei die Gesellschaft nicht unsozialer geworden. Kritiker weisen hingegen darauf hin, dass sich Deutschland zum größten Niedriglohnland in der EU entwickelt habe, dessen Bürger sich durch Zeitverträge, Leiharbeit, Mini- und 1-Euro-Jobs über Wasser halten müssten.
Folgen der Reform
Derzeit beläuft sich der Hartz-IV-Regelsatz auf 374 Euro im Monat und wird von Arbeitslosen, Kindern, Alleinerziehenden, aber auch Personen mit sehr geringem Einkommen bezogen. Mit Einführung der Reform hätte eigentlich der Bundeshaushalt konsolidiert werden sollen. Dieses Projekt scheiterte jedoch. Waren es vor der Einführung noch ca. 38 Milliarden Euro pro Jahr, die von Bund und Kommunen für Arbeitslosen- und Sozialhilfe ausgegeben wurden, so wurde 2005 mit 45 Milliarden Euro der absolute Spitzenwert erreicht. Grund dafür war die starke Zunahme der Bedarfsgemeinschaft: junge Leute, die von zu Hause auszogen, sich eine Wohnung mieteten und somit auch das Recht auf Hartz IV hatten. Diese Regelung wurde anschließend wieder geändert, aber auch heute steuern Bund und Kommunen noch 42 Milliarden Euro zur Abdeckung der Grundsicherung, Heizkosten und Unterkunft bei.
Die Geister scheiden sich
Nach einer Dekade Reform bleiben die Meinungen jedenfalls geteilter denn je. Trotz Rückgang der Arbeitslosenzahlen haben viele Bürger immer noch eine negative Einstellung zu Hartz IV. Für eine Umbenennung des Begriffs ist es mittlerweile jedoch wohl zu spät, wie auch Ex-Kanzler Schröder betonte.