Mexiko-Stadt – Der Mais war den Azteken heilig. Mehrere Götter wachten über die Pflanze. Die Mayas glaubten sogar, die Menschen seien aus Mais geschaffen. Ob als Tortilla, gegrillter Kolben oder mit Butter, Zitrone und Salz – Mais spielt in der mexikanischen Küche noch immer einer große Rolle.
Auf der
Mercedes Benz Fashion Week in Mexiko-Stadt haben die Designer Cristina Pineda und Ricardo Covalín der von Mythen umrankten Pflanze nun ein modisches Denkmal gesetzt. Auf Röcken, Hosen und Jacken prangen Maiskolben in metallisch schimmerndem Lila, Blau und Gelb. Ein Schlauchkleid aus blauer Wolle ist mit goldenen Maiskolben verziert, ein schwarzes Samtjackett zeigt das Motiv am Revers.
«Ich lasse mich von der mexikanischen Kultur inspirieren», sagt Covalín. «Ich will traditionelle Elemente mit klaren Linien und hochwertiger Fertigungstechnik verbinden.»
Pineda Covalín gehört zu den wichtigsten Modemarken Mexikos. Auf Kleidern, Taschen und Accessoires sind immer wieder Motive der prähispanischen Kultur zu sehen.
Der raue Ton zwischen den USA und Mexiko seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump befeuert südlich des Rio Grande den Nationalstolz. Das schlägt sich auch in der Mode nieder. Wie schon bei den Modewochen in New York, London, Mailand und Paris tragen auch in Mexiko viele Models und Besucher weiße Bandanas als Zeichen gegen Ausgrenzung. Unter dem Schlagwort «
Tied together» (Verbunden) hatte das Fachmagazin «Business of Fashion» zu der Solidaritätsbekundung aufgerufen.
Wer es noch plakativer mag, kann zu den Bomberjacken von Mercadorama Custom greifen. «
Mexico is the Shit» prangt in weißen Lettern auf dem Rücken der Blousons im College-Stil. «Wir wollen die Welt daran erinnern, wie großartig Mexiko ist», sagt Designer Anuar Layón. «Wir wollen die Wahrnehmung von Mexiko ändern. Wir sind mehr als nur Margaritas, Tequila, Guacamole, Tacos und Spring Break.»
Die Jacken waren in Mexiko tagelang Stadtgespräch, nachdem eine junge Anhängerin der Regierungspartei PRI den provokativen Aufdruck etwas zu wörtlich nahm und sich über die vermeintliche Herabwürdigung des Landes echauffierte. Die Macher stellten schnell klar, dass die Aufschrift im US-Slang soviel wie «Mexiko ist total angesagt» heißt und freuten sich über die kostenlose Werbung.
Total angesagt ist gerade auch David Souza. Nach der Show seiner Marke
Ziutika in dem alten Kloster San Hipólito im historischen Zentrum von Mexiko-Stadt wird der Shootingstar der mexikanischen Modeszene von Journalisten, Bloggern und Fans umlagert.
Der Cousin der bekannten Schauspielerin Karla Souza schickt seine Models als moderne Kriegerinnen auf den Laufsteg. Zu sehen gibt es Overknee-Stiefel und Korsagen, Kleider mit asymmetrischen Trägern über der Brust und Armstulpen aus Glattleder. Ungewöhnlich im internationalen Modezirkus: Für Souza laufen ausschließlich Frauen über 30 Jahren, ein Model geht mit Babybauch über den Catwalk.
«Meine Inspiration sind die Frauen. Alle Frauen sind schön, nicht nur 20-Jährige», sagt der junge Designer. Neben einigen provokanten Entwürfen macht Souza durchaus auch tragbare Mode: Cocktailkleider, Business-Kostüme, Blusen mit Vatermörderkragen und Oversizemäntel. «Junge Designer haben in Mexiko gerade gute Chancen, aber wir brauchen mehr Unterstützung. Mexikaner sollten mehr mexikanische Mode kaufen», sagt Souza.
Auch die Chefin der mexikanischen Fashion Week sieht viel Potenzial in der mexikanischen Modeszene. «Die großen Luxus-Kaufhäuser räumen den einheimischen Designern immer mehr Platz frei. Früher gab es dort fast nur ausländische Marken», sagt Beatriz Calles. «Wir sind jetzt noch stolzer auf unser Land», sagt sie mit Blick auf die Attacken aus den USA.
Gerade die jungen Designer betonen zwar ihre Herkunft, spielen mit Traditionen und Folklore. Sich bei ihrer Karriere eigene Grenzen aufzuerlegen, liegt ihnen allerdings fern. «Sie wollen nicht nur hier erfolgreich sein, sondern gleich die ganze Welt erobern», sagt Calles.
(dpa)