Köln – Muster, Piktogramme, Grafiken: Schutzmasken kommen nicht mehr nur in klinischem Weiß und einfarbig daher. Viele Menschen, die jetzt in Supermärkten und öffentlichen Verkehrsmitteln Masken tragen, greifen zu durchaus modischen Exemplaren.
Die Nachfrage nach verzierten oder beschrifteten Masken wächst, bestätigen die Frankfurter Modemacher von Leonid Matthias.
Eine Maske darf schick sein – sollte aber zunächst einmal vernünftig und angenehm sitzen. Neben einer guten Passform komme es bei einer Alltagsmaske auch auf das Material an, sagt der Stilberater Andreas Rose. Die meisten Hersteller fertigten die Stoffmasken aus Baumwolle oder einem Baumwolle-Polyester-Gemisch – damit sind die Masken bei 60 bis 90 Grad wasch- und wiederverwendbar.
Modische Masken selber nähen
Wer jetzt eine modische Maske haben möchte, kann selbst aktiv werden. Der Modedesigner Guido Maria Kretschmer hat eine
Anleitung zum Nähen von Mund- und Nasenmasken veröffentlicht. Haargummis und alte Kleidungsstücke reichten dafür.
Für das Innenfutter der Maske habe er zum Beispiel einen Jersey-Stoff genommen. «Das könnte auch ein altes T-Shirt sein, was ihr noch über habt, oder eine alte Unterhose, das ist im Grunde völlig egal», so der Designer.
Die Maske als gesellschaftliches Bindeglied
Modische Masken sollen trotz der mitschwingenden Aufforderung zur Distanz wahrgenommen werden, sagt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts (DMI). Das Stoffstück im Gesicht hat also eine klare Botschaft: Schau mich an!
Das muss auch in Corona-Zeiten nicht schlecht sein. Der Stilberater Andreas Rose hofft durch das Tragen geschmückter Masken auf einen positiven gesellschaftlichen Effekt: Statt sich ängstlich voneinander abzuwenden, betrachteten die Leute einander womöglich neugierig.
Und: Ironie sei oft ein bewährtes Mittel gegen Hysterie, erklärt Rose. «Die Gesichtsmasken stärken im besten Fall auch das Bewusstsein für Social Distancing und einen achtsamen Umgang miteinander.»
Die Fashion-Branche hat reagiert
Viele kleinere Modeboutiquen sind schon in die Produktion modischer Masken eingestiegen oder wollen dies demnächst tun.
«Wenn wir bescheuert aussehen, dann aber auch richtig», sagt Nadine Zechlin, Inhaberin einer Boutique im brandenburgischen Werder. Mit lustigen Sprüchen will sie demnächst die ansonsten schnöden Masken etwas aufwerten. Der Grund: Masken gäben uns wenig Anlass, dem anderen ins Gesicht zu blicken – da können lustige Sprüche diesen fehlenden Anreiz vielleicht etwas kompensieren, sagt Zechlin.
Auch in der Haute Couture ist man sich seit langem der besonderen optischen Wirkung dieses Kleidungsstücks bewusst. Das zeigt etwa der bestickte Mundschutz von Gucci aus superdünnem schwarzem Chiffon, den die Sängerin Billie Eilish auf der Grammy-Verleihung im Januar trug.
Aus hygienischer Sicht ebenso wirkungslos war der Mundschutz des Labels Blancore bei der diesjährigen New York Fashion Week. Beide Masken waren aus sehr durchlässigem Stoff gefertigt.
Einige Modehäuser und Designer versuchen dagegen, den Spagat zwischen Ästhetik und Hygiene hinzukriegen. Etwa die französische Designerin Marine Serre, die schon seit einigen Jahren mit Masken arbeitet. Ihre Designer-Masken sollen passend zur Garderobe sein und etwa vor Feinstaub, Pollen und Viren schützen.
Mittlerweile ziehen auch deutsche Modeunternehmen nach: Designer wie Odeeh, Leonid Matthias oder Ayzit Bostan oder Traditionsmarken wie Mey, Seidensticker oder Van Laack haben während der Krise kurzerhand auf die Produktion von modischen Mundschutzmasken umgestellt.
Kann Gesundheitsschutz ein Modetrend sein?
Im Zusammenhang mit Schutzmasken von Mode zu sprechen, kann ein Drahtseilakt sein. In der aktuellen Krise hielten das viele Menschen für geschmack- und pietätlos, sagt Andreas Rose. Doch der Designer fragt: Warum darf der Mundschutz in Zeiten, in denen er zum alltäglichen Accessoire wird, nicht auch modisch sein?
Sich zu zeigen und zu schmücken sei vielen Menschen ein Bedürfnis, das zuletzt durch die Beschränkungen zurücktreten musste, sagt auch Carl Tillessen, Chefanalyst beim DMI. «Da hat sich ein enormer Nachholbedarf aufgebaut.» Da sei es ein symbolischer Schritt zurück ins normale Leben, wenn man sich für die Öffentlichkeit schmückt.
«Bekleidung hat nicht nur einen funktionellen Charakter», bestätigt Gerd Müller-Thomkins. Und das gilt durchaus auch in Corona-Zeiten. Zurzeit nimmt der Experte allerdings ohnehin wenig Extravaganz, sondern eine gewisse Demut beim Tragen der Maske wahr. «Ich vermute hier eher eine innere Einkehr, an der wir bisher auch unser Erscheinungsbild ausrichten.»
(dpa/tmn)