Liverpool – Trotz der enttäuschenden Nullnummer im Derby war Jürgen Klopp gut gelaunt. Nach dem torlosen Remis seines FC Liverpool beim Lokalrivalen FC Everton scherzte der Coach über die fehlende Stimmung auf den leeren Rängen.
«Die Atmosphäre auf dem Platz war gut, im Stadion ausbaufähig», resümierte Klopp beim Sender Sky Sports. Das sei in Zeiten des Coronavirus eben normal. «Keiner hat darauf gewartet, dass vielleicht doch noch einer von den Journalisten aufsteht und die Laola macht.»
Das erste Premier-League-Spiel nach rund 100 Tagen hinterließ beim Liverpool-Trainer gemischte Gefühle. «Wir wollen natürlich besseren Fußball spielen», sagte er, «aber für den Anfang bin ich zufrieden.» Nach dem 0:0 müssen sich die Reds bis zum Gewinn der Meisterschaft wahrscheinlich noch länger gedulden. Die Entscheidung könnte sogar erst im direkten Duell mit Titelverteidiger Manchester City fallen.
«Es ist ein Punkt, und dann noch auswärts», stellte Klopp am BBC-Mikrofon klar und grinste. «Wir werden nie so versnobt sein, dass wir nicht gern einen Auswärtspunkt bei Everton mitnehmen.» Ein Punkt gewonnen, zwei verloren – damit können der 53-Jährige und seine Mannschaft den Titel in dieser Woche nur feiern, wenn auch Man City in einem seiner beiden Spiele Punkte verschenkt.
Das ideale Szenario für die Reds: Man City gewinnt nicht gegen den FC Burnley. Dann könnte Liverpool den Titel am Mittwoch aus eigener Kraft mit einem Sieg gegen Crystal Palace perfekt machen. Andernfalls müssen womöglich nicht nur die Fans, sondern auch Klopp und seine Spieler vor dem Fernseher feiern – falls nämlich Liverpool gegen Palace gewinnt und Man City am Donnerstag beim FC Chelsea Punkte einbüßt, wären die Reds ebenfalls Meister. Gewinnt Titelverteidiger City beide Spiele, kommt es am 2. Juli zum Showdown in Manchester: der alte gegen den wahrscheinlich neuen Meister.
Solche Gedankenspiele stellte Klopp nach dem Premier-League-Comeback nicht an, zumal es im Derby gegen das Team von Carlo Ancelotti auch schlimmer hätte kommen können. Klopp räumte ein, «dass Everton die größte Chance hatte, das Spiel zu gewinnen.» Liverpool-Keeper Alisson hatte in der 80. Minute einen Schuss von Dominic Calvert-Lewin sensationell pariert. «Absolut überragend», lobte der Coach seine brasilianische Nummer eins. «Das macht einen Weltklasse-Torwart aus – er hat 90 Minuten fast nichts zu tun, aber dann ist er da.»
Obendrein hatte der Tabellenführer Glück, weil Tom Davies im direkten Nachschuss nur den linken Pfosten traf. Insgesamt waren die Reds ohne ihren angeschlagenen Stürmer Mohamed Salah, der auf der Bank blieb, zwar die spielbestimmende Elf. Doch es fehlte die Torgefahr. «Klar, wir hatten nicht genug Chancen, aber so ist das eben», sagte Klopp. «In der Offensive brauchst du deine Momente in Spielen, und in diesen Momenten musst du den Rhythmus finden, das ist heute nicht passiert.»
Kein Rhythmus, keine Tore – und eine ungewohnte Geräuschkulisse. Neben den Anweisungen der Trainer und den Anfeuerungsrufen der Spieler war während des Derbys sogar ein Straßenmusiker zu hören, der außerhalb des Stadions Saxophon spielte. Klopp zog am Ende des Tages ein amüsantes Fazit: «Im leeren Goodison-Stadion ist die Stimmung nicht schlechter als im leeren Anfield-Stadion.»
(dpa)