Düsseldorf/Mainz (dpa) – Im Moment des Erfolgs war es vorbei mit Zurückhaltung und Demut. Ein komplettes Jahrzehnt in der Fußball-Bundesliga am Stück feierte der FC Augsburg wenig bescheiden in Anlehnung an Real Madrid.
Trainer Heiko Herrlich, die Spieler und die Betreuer streiften sich nach dem 1:1 bei Fortuna Düsseldorf, das am Samstag auch letzte vage Zweifel am erneuten Klassenverbleib der Schwaben beseitigte, ein T-Shirt mit der Aufschrift «La Décima» über.
Mit diesem Slogan (zu deutsch: die Zehnte) feierte Real 2014 den zehnten Champions-League-Triumph, Augsburg am Samstag eben die zehnte Erstliga-Saison seit dem Aufstieg 2011. «Das ist etwas ganz Besonderes», sagte Sportchef Stefan Reuter und erinnerte an seinen Einstieg beim FCA Ende 2012. «Als ich nach Augsburg kam, hat der damalige Präsident Walther Seinsch gesagt, wir werden in den nächsten fünf Jahren definitiv zweimal absteigen, das ist gar nicht zu verhindern. Dass wir uns jetzt auf das zehnte Jahr in Folge freuen dürfen in der Bundesliga, ist toll.»
Der FSV Mainz 05 ist sogar noch ein Stück weiter. Die Rheinhessen feierten nach dem 3:1 (2:0) gegen Werder Bremen bereits den elften Klassenverbleib in der Bundesliga in Serie. Auch in Mainz gab es T-Shirts, auch in Mainz gab es einen Bezug zu einem Global Player – dem FC Bayern München. «8x Meister? Langweilig. 11x Drin bleiben? Mainzer Weltklasse» stand auf den Shirts der Mainzer.
Für beide von den Voraussetzungen her vergleichbaren Clubs waren es die einzigen Anzeichen von Übermut. Schon die anschließenden Feiern sollen ganz dem entsprochen haben, für was die Teams seit Jahren stehen: Bodenständigkeit und Seriosität. «Ruhig und leise», kündigte Augsburgs Trainer Heiko Herrlich die Nicht-Abstiegsparty seines Teams auf der Rückreise an. Dem selbst ernannten Karnevalsverein Mainz fiel der coronabedingte Verzicht auf die große Sause schon schwerer. «Wir hätten gerne anders gefeiert, wären gerne in die Stadt gegangen. Aber das ist leider verboten, weil es dem Konzept zuwider läuft. Das müssen wir verschieben», sagte FSV-Coach Achim Beierlorzer.
Auch bei den Augsburgern dürfte es auf der Rückfahrt aus Düsseldorf das eine oder andere Bier gegeben haben. Herrlichs Ermahnung zur Zurückhaltung hatte auch weniger nur mit der Corona-Situation zu tun. Herrlich hat am letzten Spieltag gegen RB Leipzig noch etwas vor. «Wenn wir das gewinnen, können wir noch ein paar Plätze klettern. Das muss das Ziel sein», sagte Herrlich. Sogar Platz elf ist für den aktuellen Tabellen-15. am Ende noch drin.
Genau mit dieser Einstellung schaffte Herrlich in Augsburg nach der Trennung vom früher auch einmal in Mainz beschäftigten Martin Schmidt die Stabilisierung. Seit Herrlich nach dem 25. Spieltag als Trainer kam, kassierte der FCA nur einmal – beim 1:3 gegen Hoffenheim – mehr als zwei Gegentore. Zuvor war das regelmäßig der Fall.
Auch in Mainz war eine Kurs-Korrektur während der Saison vonnöten. Ursprünglich hatte sich der FSV mit Sandro Schwarz als Coach mehr vorgenommen in dieser Spielzeit. «Vielleicht waren wir da in unserem Denken einen Tick zu weit», räumte Clubchef Stefan Hofmann ein. Dem Team fehlten Konstanz und Klasse, um weiter oben in der Tabelle mitmischen zu können. Mit dem bodenständigen Beierlorzer kam die Demut zurück. «Für den Standort Mainz ist es wirklich Weltklasse, in der ersten Bundesliga bleiben zu dürfen», befand der im November 2019 verpflichtete Beierlorzer.
(dpa)