Basketballer legen los: Suche nach dem Quarantäne-Meister

München – Endlich wieder Basketball. 89 Tage nach den letzten Spielen beginnt die Bundesliga am Samstag ihr viel beachtetes und ambitioniertes Quarantäne-Turnier.

Unter strengen Hygienevorschriften und ohne Zuschauer wollen zehn Clubs bis zum 28. Juni in München doch noch ihren deutschen Meister 2020 ausspielen. Während im Handball und Eishockey die Saison längst abgebrochen ist, starten die Basketballer unter ganz besonderen Bedingungen noch einmal richtig durch.

35 Spiele in 23 Tagen sollen der Sportart nicht nur einen Schub im Kampf um Aufmerksamkeit im Schatten des übermächtigen Fußballs geben, sondern auch die wichtigste aller sportlichen Fragen beantworten: Wer ist die beste Basketball-Mannschaft in Deutschland?

«Selbstverständlich wird der neue Meister ein vollwertiger Meister 2020 sein», sagte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz. «Es ist ein anderer Modus, der der besonderen Situation geschuldet ist, aber es ist kein weniger würdiger Meister», sagte Holz. Am 27. April hatten die Liga und ihre Clubs entschieden, die Saison in Turnierform an einem Ort fortzusetzen. Zehn Clubs stimmten für eine Teilnahme, für die übrigen sieben ist die Saison, die wegen der Corona-Krise seit Mitte März unterbrochen war, beendet.

Seit dem Entschluss wurde in der Liga-Zentrale in Köln und in den Clubs quasi Tag und Nacht daran gearbeitet, den mutigen Plan auch wirklich in die Tat umzusetzen. Nun geht es am 6. Juni um 16.30 Uhr (Magentasport) mit dem Duell der beiden Außenseiter BG Göttingen und Hakro Merlins Crailsheim endlich los. «Die Freude ist groß, weil wir ab morgen wieder in der Lage sind, Basketball zu spielen», sagte BBL-Präsident Alexander Reil.

In zwei Fünfer-Gruppen werden zunächst die acht Playoff-Teilnehmer ermittelt, die dann jeweils mit Hin- und Rückspiel über Viertel- und Halbfinale die beiden Endspielteilnehmer ermitteln. Auch das Finale wird nicht – wie normal in den Playoffs üblich – im Best-of-five-Modus, sondern mit Hin- und Rückspiel ausgetragen. Am 28. Juni soll der deutsche Meister 2020 feststehen. «Dann würden wir durchatmen und sagen, Ziel erreicht», meinte Holz vorausblickend.

Der BBL-Boss hatte in dieser Woche für Aufregung gesorgt, weil er den Spielern untersagen wollte, sich nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in den USA gegen Rassismus zu positionieren. Nach einer Welle der Empörung entschuldigte sich Holz aber für seine unglückliche Wortwahl, mit der Kampagne «united against racism» wird sich die Liga beim Turnier nun klar gegen Fremdenfeindlichkeit positionieren. Dann soll das Sportliche im Mittelpunkt stehen.

Als Favorit geht Ausrichter und Titelverteidiger Bayern München ins Rennen. Die Bayern hatten bis zum Beginn der Corona-Pause nur zwei Partien verloren und haben mit Ausnahme von US-Star-Center Greg Monroe und dem verletzten Nihad Djedovic ihren Kader komplett zusammen. Verstärkt wurde das Aufgebot sogar noch mit Nationalspieler Ismet Akpinar.

Allerdings wissen die Bayern nach langer Pause und extrem kurzer Vorbereitung wie alle Teams nicht genau, wo sie stehen. «Jeder, der teilnimmt, hat eine Chance, weit zu kommen, das ist das Spezielle an dem Format», sagte Bayern-Coach Oliver Kostic. Neben den Bayern werden Pokalsieger Alba Berlin die größten Chancen auf den Titel eingeräumt. Auch die Berliner haben ihren Kader fast komplett halten können. «Ganz klar, wir wollen natürlich den Titel», sagte Luke Sikma. «Es wäre natürlich der Wahnsinn, wenn wir diese Saison mit zwei Titeln beenden würden», sagte Spielmacher Jonas Mattiseck.

Entscheidend wird sein, welche Mannschaft am besten mit den speziellen Bedingungen zurecht kommt. Die zehn Teams sind inklusive ihrer Trainer und Betreuer für den gesamten Turnierverlauf in einem Hotel in Quarantäne, Kontakt zu Freunden und Familien ist strikt verboten. Hinzu kommt die besondere Atmosphäre in der Halle, in der keine Zuschauer sein werden. «Geschlossenheit im mentalen Bereich wird wichtig sein, je länger das Turnier dauert. Und die Teams, die sich von innen pushen können, werden am Ende auch vorne sein», sagte Berlins Geschäftsführer Marco Baldi.

Lange war die Chance für einen Außenseiter wie Ludwigsburg oder Oldenburg wohl nicht mehr so groß, den Favoriten gefährlich zu werden. Auch Bundestrainer Henrik Rödl rechnet in München mit einigen Überraschungen. «Die Vorbereitung war kurz, die Kader sind zum Teil neu zusammengestellt, der Rhythmus mit Spielen alle zwei Tage ist interessant – da wird es sicherlich das eine oder andere unerwartete Ergebnis geben», sagte er.


(dpa)

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