Freiburg – Christian Streich gilt als Kulturfreund. Der Trainer des SC Freiburg mag Theaterstücke und Konzerte, manchmal schaut er sie sich auch im Fernsehen an.
Aber das sei dann doch ein etwas anderes Erlebnis vor dem Bildschirm, findet der 54-Jährige. Streich kann deshalb nachempfinden, wie es vielen Fans auch an diesem Freitag (20.30 Uhr/DAZN und Amazon Prime) beim Geisterspiel des SC gegen Bayer 04 Leverkusen vor dem heimischen TV wohl ergehen wird. «Es live zu erleben, im Theater zu sitzen, tolle Schauspieler oder Sänger zu erleben, das ist mit nichts zu vergleichen.» Und das sei im Fußball eben auch so, sagt Streich.
«Ein volles Stadion ist wie ein Festtag», meint der Coach der Breisgauer. Gegen Leverkusen wird es dagegen auch im Schwarzwald-Stadion wieder ungewöhnlich ruhig sein. Dennoch erwartet Streich von seiner Mannschaft das Maximum. Nach der 1:4-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg müssen die Leverkusener im Kampf um die Champions-League-Plätze Punkte sammeln. Streich warnte vor der hohen individuellen Qualität der Gäste, bei denen aber selbst Supertalent Kai Havertz gegen den VfL kaum zu sehen war. Bayer-Trainer Peter Bosz schließt daher nicht aus, den Nationalspieler diesmal nicht wieder im Sturmzentrum, sondern auf anderer Position aufzubieten.
Wie sehr die Rheinländer von ihrem Offensivjuwel abhängen, wurde zuletzt bei der überraschenden Pleite deutlich. Hängt Havertz in der Luft, läuft bei Bayer nicht viel zusammen. Die aggressiv verteidigenden Wolfsburger erstickten Leverkusens technische Qualität mit geschicktem Pressing. Eine ähnliche Herangehensweise fordert Streich auch von seiner Mannschaft. «Wenn du defensiv nicht alles einbringst von deinem Willen, und wenn du nicht Wege, Wege, Wege gehst, dann wirst du zermürbt von der Qualität dieser Mannschaften», predigt der Trainer.
Seinem Trainerkollegen Bosz ist auch die Mentalität der Freiburger bewusst, und so rechnet er auch ohne Fans mit einem intensiven Spiel der Gastgeber. «Sie machen es die ganze Saison schon richtig gut. Sie können sehr gut umschalten, sind taktisch gut und spielen mit riesiger Mentalität», sagte der Niederländer. «Dann wird es noch wichtiger, dass wir unsere Spielweise auf den Platz bringen, die ganz anders ist.» Dafür benötigt die Werkself aber auch ihren besten Spieler in Topform. Vier Tore erzielte der 20-jährige Havertz in den drei Partien seit dem Re-Start nach der Corona-Unterbrechung. Bosz mag mittlerweile aber nicht mehr so gerne über Havertz reden, weil er so oft nach ihm gefragt wird. Dafür geriet Streich ins Schwärmen.
«Er spielt mit einem totalen Selbstverständnis. Es würde mich mal interessieren, mit welchem Puls er auf den Platz geht. Wahrscheinlich halb so hoch wie meiner, obwohl ich nicht mal spiele», meinte Freiburgs Trainer. «Wenn du so eine Qualität hast wie er, kannst du dich natürlich vollständig auf deine Fähigkeiten verlassen.» Ob es seiner Mannschaft dennoch gelingt, Havertz über 90 Minuten auszuschalten? «Hoffentlich», sagt Streich. «Aber unwahrscheinlich.»
(dpa)