Stuttgart – Mal ist es nur der Euro, der angeblich vor dem Scheitern steht, mal ist es gleich das ganze Gesellschaftssystem, dem der Kollaps vorausgesagt wird: Es gibt zahlreiche Bücher, die mit der Beschreibung von Untergangsszenarien ihre Käufer finden.
In Zeiten, in denen die Weltwirtschaft wegen des neuartigen Coronavirus schwächelt und die Börsen auf Talfahrt gehen, verfangen solche Aussagen wohl ganz besonders. Doch muss man sie ernst nehmen?
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält Bücher mit Zusammenbruchprognosen für hoch problematisch: «Das Crash-Prophetentum ist die größte Scharlatanerie im Finanzgewerbe», urteilt er. «Es gibt keine valide Erfolgsformel zur Vorhersage von Zeitpunkt und Ausmaß von Börsencrashs», sagt der Finanzexperte.
Viele Autoren beschreiben den Untergang
Autoren, die Crashs vorhersagen, gibt es reichlich – und ihre Bücher verkaufen sich gut. «Der größte Crash aller Zeiten» von Marc Friedrich und Matthias Weik steht zum Beispiel seit Monaten in den oberen Rängen der Bestsellerlisten. Bekannt ist auch der Ökonom Max Otte, der die Finanzkrise im Jahr 2008 vorhersagte und seitdem von vielen als «Crashprophet» bezeichnet wird.
Für Verbraucherschützer Nauhauser ist es nicht verwunderlich, dass bei den unzähligen Vorhersagen auch hin und wieder mal eine eintritt. «Das ist wie beim Lotto: Irgendwann geht da immer einer als Gewinner raus», sagt er. Man wisse halt nur vorher nicht, wer das sein werde. Doch die «Crashpropheten» würden dann gerne als Gurus gefeiert.
Marktentwicklungen hängen von vielen Faktoren ab
Marktentwicklungen hängen zu großen Teilen von Zufällen und Unwägbarkeiten ab. Das neuartige Coronavirus ist dafür ein Beispiel: Hatte der Dax noch Mitte Februar 2020 Rekordhöhen erreicht, brachen die Kurse zuletzt ein.
Erwartungen, Stimmungen, Geschäftszahlen: All das werde stets in den Kursen eingepreist, erklärt Nauhauser. «Die Kurse können in so einer Phase hoher Unsicherheit ebenso schnell wieder steigen wie fallen.»
Buchautor Marc Friedrich sieht in der aktuellen Situation noch nicht den «finalen Kollaps». Das sei ein Vorgeplänkel gewesen, behauptet er. Er habe in dem Buch vorausgesagt, dass es 2020/2021 mit dem Crash losgehe. Dieser komme entweder durch die sich abschwächenden Volkswirtschaften «oder halt noch verstärkt durch diesen Virus».
Nicht verunsichern lassen
Anleger braucht eine schlechte Phase allerdings in der Regel nicht zu verunsichern. «Wer eine überlegte Anlagestrategie verfolgt hat, den sollte so ein Rückgang nicht überraschen», erklärt Nauhauser. «Mit derartigen Korrekturen oder auch mit einem
Crash müsse man immer rechnen. Die aktuelle Börsenphase sei extrem, aber nicht einzigartig, schrieb auch die Stiftung Warentest Ende Februar.
Doch was heißt das nun für das eigene Geld? Aktien kaufen oder lieber verkaufen? In Gold anlegen? In Diamanten? Tagesgeld? Oder lieber gleich Bargeld im Tresor wegschließen? Nichts davon ist falsch, es kommt aber auf die Mischung an. «Was der Anleger beeinflussen kann, ist nicht die Rendite, sondern einzig das Risiko», sagt Nauhauser.
Vor einem Crash an den Finanzmärkten schützen sich Anleger am besten, indem sie ihr Vermögen breit streuen, erklärt die
Stiftung Warentest.
Wer Teile davon in Aktien anlegen will, dem rät sie zu breit streuenden Indexfonds. Als Beimischung zum Depot bietet sich zum Beispiel Gold an. Doch nicht mehr als zehn Prozent des Vermögens sollten in dem Edelmetall stecken, rät Nauhauser. Festgeld, Tagesgeld oder Zinsbriefe seien wertschwankungsfreie Komponenten. Sie sind aktuell aber nur sehr gering verzinst.
Geschäft mit der Crashangst?
«Sie müssen in durch die Natur oder die Mathematik limitierte Sachwerte investieren», schlägt indes Buchautor Marc Friedrich vor – also Gold, Diamanten, Immobilien oder die Krypto-Währung Bitcoin. Aktien? Ja auch, aber nicht mehr als 15 Prozent, findet Friedrich.
Er bewirbt mit seinem Kollegen Weik online ein Finanzprodukt, das genau für den Fall von Kurseinbrüchen und dem möglichen Wertverfall von Geld vorsorgen soll: einen Sachwertefonds, der ihren Namen trägt. Von Stiftung Warentest wird er kritisiert, unter anderem wegen einer aus ihrer Sicht eher schlechten Rendite und eher hohen Kosten.
Obgleich der Fonds nach ihm und Weik benannt ist, betont Friedrich, dass er zwar die Idee geliefert habe – aktiv tätig sei er dort aber nicht. «Ich bin nicht der Fondsmanager.»
Und was sagt der Autor zum Vorwurf, sein Buch sei reine Angstmache? «Natürlich macht das Angst. Wir rütteln an den Grundfesten des Systems.» Die Frage müsse jeder für sich selbst beantworten, ob da etwas dran sei oder nicht, fügt Friedrich an. Er sei offen und lasse sich gerne mit Argumenten überzeugen: «Ich bin kein Dogmatiker.»
(dpa/tmn)