Doha – Hienghène Sport ist längst raus, Esperance Tunis und der Al-Sadd Sports Club auch. Vom Hocker gerissen hat die Fußball-Fans in Europa keiner der Vereine, die bislang in Doha um die Club-WM der FIFA gespielt haben.
Bei allem Respekt vor den Gewinnern der ozeanischen und afrikanischen Champions League sowie der katarischen Meisterschaft: Erst, wenn der FC Liverpool am Mittwoch (18.30 Uhr) ins Geschehen eingreift, dürfte der Wüsten-Wettbewerb die Aufmerksamkeit bekommen, die sich Weltverbands-Präsident Gianni Infantino so sehr wünscht.
Der Schweizer, seit 2016 an der FIFA-Spitze, steckte in den vergangenen Monaten viel Energie in tiefgreifende, aber schwer durchschaubare Reformen. Die Club-WM ist eines der Versuchsobjekte. Nach großer Aufregung um ein Milliardenangebot offiziell weiterhin unbekannter Geldgeber, das Infantino im Alleingang versucht hatte durchzudrücken, wurde das Mini-Turnier im vergangenen März gegen großen Widerstand aus Europa komplett erneuert.
Die aktuelle Ausgabe in Doha mit dem Endspiel am Samstag drei Tage vor Heiligabend ist die vorletzte dieser Art und wird als Generalprobe für die WM 2022 gerechtfertigt. In der Vorweihnachtszeit 2020 wird noch einmal am Golf gespielt, ehe es im Sommer 2021 mit 24 statt nur sieben Mannschaften in China um den WM-Titel der Vereine geht. Eine «historische Entscheidung» sei der entsprechende Beschluss des FIFA-Rats in Miami gewesen, sagte Infantino.
Wie mit dem neusten Produkt am besten viel Geld zu machen ist, scheint die FIFA in diesen Tagen auszuloten. Zahlreiche Firmen hätten ihr Interesse an der neuen Club-WM angemeldet und seien nun eingeladen, ihre Investitionsvorschläge für die Vermarktung abzugeben, hieß es in einer Mitteilung des Weltverbandes vom 7. Dezember. Die FIFA will demnach verschiedene Modelle prüfen. Laut eines Berichts der «Süddeutschen Zeitung» gehen die Überlegungen weit über das übliche Sponsoring hinaus.
Eine interessierte Partei könne unter anderem Vorschläge zu Parametern wie «der Häufigkeit des Formats, den Qualifikationsmodalitäten und den beteiligten Teams» machen, heißt es demnach in der Ausschreibung, die noch bis zum 19. Dezember läuft – also über einen relativ kurzen Zeitraum. Die neue Club-WM erhalte einen «starken und einzigartigen» Namen und eine unvergleichliche Marke, schrieb die FIFA offiziell und versprach eine Größenordnung des Turniers, die es «noch nie zuvor gegeben» habe.
Mit derartigem Einfluss würden wohl nur die wenigsten Investoren darauf setzen, auch künftig zu gleichen Teilen Clubs mit dem Kaliber von Hienghène Sport, Esperance Tunis oder dem Al-Sadd Sports Club einzuladen. Von den 24 Mannschaften sollen schon in China mindestens acht aus Europa mitspielen, wo das große Geld gemacht wird, zuletzt aber ein Bericht der «Financial Times» für großen Unmut beim Dachverband UEFA gesorgt hatte.
Florentino Perez, Präsident von Champions-League-Rekordsieger Real Madrid, habe demnach mit dem Finanzunternehmen CVC Capital Partners Gespräche über einen weltumspannenden Club-Wettbewerb geführt, der jährlich ausgetragen werden solle. Das Schreckgespenst einer «Super League» als Konkurrenzprodukt für die milliardenschwere UEFA-Königsklasse geistert seit Jahren immer mal wieder über dem Kontinent. CVC soll zu den Kandidaten für den Erwerb der Rechte an der neuen Club-WM gehören. Zuletzt war bereits unter der Führung von Real Madrid die neue Welt-Clubvereinigung WFCA gegründet worden, unter den ersten acht Mitgliedern ist kein Bundesligist.
«Es ist kaum vorstellbar, sich einen egoistischeren Plan auszudenken», teilte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin als Reaktion auf den «FT»-Bericht über den möglichen neuen Wettbewerb mit: «Glücklicherweise gibt es immer noch zu viel gesunden Menschenverstand im Spiel, als dass diese Art von verrückter Vorstellung erfolgreich sein könnte.»
(dpa)