Doha – Die deutsche WM-Hoffnung und Ausnahmeläuferin Konstanze Klosterhalfen will trotz der Doping-Sperre für Starcoach Alberto Salazar weiter beim Nike Oregon Project trainieren und nach der Saison wieder zurück in die USA.
«Auf keinen Fall» werde sie die Konsequenz daraus ziehen, dass sie nicht mehr in das Camp gehe. «Das bleibt das beste Team der Welt. Ich weiß für mich und alle, die drumherum sind und Einblicke haben, was da passiert und was nicht passiert», sagte sie nach ihrem erfolgreichen Vorlauf über 5000 Meter bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha. «Doping ist da nie ein Thema», betonte die 22-jährige Leverkusenerin.
Klosterhalfen wich nach den vielen Negativ-Schlagzeilen um Salazar den Kameras und Mikrofonen nicht aus. Salazar als Chef des Projekts war von der US-Anti-Doping-Agentur für vier Jahre gesperrt worden. Der Fall hat viel Staub bei der Wüsten-WM aufgewirbelt. Klosterhalfen verwies darauf, dass die Ermittlungen in einem Zeitraum lägen, zu dem sie und andere WM-Athleten noch gar nicht der Elite-Lauftruppe angehörten und dass sie ja von Pete Julian trainiert werde.
«Andere beschäftigen sich damit mehr als wir Athleten selbst. Natürlich macht das ein bisschen traurig», sagte die deutsche Rekordhalterin und WM-Hoffnung. Im ZDF-Interview hatte sie zuvor von einer schockierenden Nachricht gesprochen. «Ich freue mich schon darauf, nach der Saison wieder dahin zu gehen und besser und schneller zu werden», erklärte sie dann.
Das WM-Unternehmen der deutschen Rekordhalterin war einen Tag vor ihrem Vorlauf, den sie nach 15:01,57 Minuten als Zweite beendete, empfindlich gestört worden. Salazar wurde wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Regeln bestraft. Das hatte die USADA nach vierjährigen Ermittlungen inmitten der Titelkämpfe in Katar mitgeteilt. Der 61-Jährige leitet das Nike Oregon Project in Portland. Dort trainiert seit dem vergangenen Jahr auch Klosterhalfen.
Sie bestreitet am Samstag (20.25 Uhr) ihren Endlauf. Direkt davor rennt die Niederländerin Safin Hassan die 1500 Meter, die ebenfalls in Portland trainiert und riesige Leistungsprünge gemacht hat. Sie holte in Doha bereits Gold über 10.000 Meter.
Der DLV will sich mit den Vorgängen im Nike Oregon Project nach der WM ausführlich beschäftigen. «Es ist für uns wichtig, uns in die Unterlagen einzuarbeiten und die Positionen zu bewerten. Wir werden das im Nachhinein sehr intensiv gestalten und in den Austausch treten», sagte Generaldirektor Idriss Gonschinska. Es sei nicht so einfach, «die Informationslage jetzt hier unmittelbar einzuordnen».
Nach Aussage des Chefs der US-Anti-Doping-Agentur ist kein WM-Teilnehmer in den Fall Alberto Salazar verwickelt, zumindest nicht in die abgeschlossenen Ermittlungen. «Wir hatten Aussagen von zehn anderen Sportlern, die im NOP (Nike Oregon Project) zwischen 2010 bis 2014 dabei waren. Alle von ihnen haben uns ihre medizinischen Auswertungen zur Verfügung gestellt», erklärte Travis Tygart in einem Interview von ZDF Sport Extra.
«Die Athleten waren Versuchstiere, so muss man es sagen», urteilte der US-Anwalt und Vorsitzende der USADA. Man habe den Sportlern keine Chance gegeben, «Medikamente oder verbotene Methoden von ihm oder seinem Arzt Jeffrey Brown abzulehnen».
Der ebenfalls gesperrte Brown habe nicht zu Aussagen bewegt werden können. «Das gesamte Umfeld im NOP hat versucht, alles zu verheimlichen», sagte Tygart. «Was wir feststellen konnten war, dass medizinische Experimente an Sportlern vorgenommen wurden, mit hochgradig gefährlichen Medikamenten, nicht nur Testosteron, sondern noch anderen verbotenen Dopingmitteln.»
Der 48-Jährige sagte an den Geldgeber des Projekts gerichtet: «Nike sollte die Unterstützung für diese Sportler erhöhen, sie kompensieren und aufzeigen, dass dieses Verhalten, Sportler als Versuchstiere zu halten, falsch war und nicht mehr wieder vorkommen wird.»
Derweil empfiehlt Sebastian Coe als Präsident des Weltverbandes IAAF den Sportlern, ihre Trainer sorgfältig auszuwählen. «Trainer und Athleten müssen die ganze Zeit über Urteile fällen», sagte der Brite im Interview mit Nachrichtenagenturen bei der WM. «Wenn sie von jemandem trainiert werden, sollten sie sich absolut sicher fühlen, dass sie in einem Umfeld arbeiten, in dem sie sicher sind, ihrem Ruf keinen Schaden zuzufügen. Ein Athlet sollte sich dies fragen», so Coe.
(dpa)