Sotschi – Nur eine Woche nach seinem Triumph in Singapur droht Sebastian Vettel im explosiven Ferrari-Stallduell mit Charles Leclerc wieder ein herber Rückschlag.
Im Training zum Großen Preis von Russland wurde der viermalige Formel-1-Weltmeister aus Heppenheim nur Fünfter und landete rund sieben Zehntelsekunden hinter dem Wunderknaben aus Monaco, der Platz zwei belegte. Nicht zu schlagen war Red-Bull-Fahrer Max Verstappen aus den Niederlanden, der 0,335 Sekunden vor Leclerc lag und die überlegene Bestzeit setzte.
Dem 32 Jahre alten Vettel gelang keine ganz schnelle Übungsrunde. Einen Versuch musste er aufgrund des dichten Verkehrs vorzeitig abbrechen. Bei einem weiteren ließ er im dritten Sektor deutlich nach. Trotzdem ist die Hoffnung bei der Scuderia groß, im Rennen am Sonntag (13.10 Uhr/RTL und Sky) wieder um die Spitze mitzufahren. Erstmals seit mehr als elf Jahren ist für die Italiener der vierte Sieg nacheinander möglich. Neben Verstappen dürften auch die Sotschi-Experten Valtteri Bottas und Lewis Hamilton im Mercedes mitmischen. Sie schafften es zunächst auf die Ränge drei und vier.
Nach seinem ersten Grand-Prix-Erfolg seit über einem Jahr am Sonntag in Asien zeigte sich Vettel in Russland in den Tagen vor dem Grand Prix zwar selbstbewusst, blieb jedoch vorsichtig. «Wir gehen in die richtige Richtung, aber wir können nicht jedes Rennen gewinnen. Mercedes bleibt für uns der Gradmesser», sagte er. Es wäre «eine große Überraschung, wenn jetzt alle Probleme gelöst wären. Das ist nicht realistisch.» Im Freien Training wurde das schnell deutlich.
Doch vor allem bei Leclerc sind die ersten Eindrücke positiv. Der 21-Jährige fühlte sich in Singapur um Platz eins betrogen, denn die Ferrari-Strategen hatten Vettel zuerst zum Reifenwechsel an die Box geholt und den Deutschen so zum Sieg gelotst. Leclerc, der zuvor in Monza und Spa nicht zu schlagen war, schmollte öffentlich und forderte Erklärungen. Mittlerweile entschuldigte er sich für dieses Verhalten. Der Kampf um die Anführerrolle im Team geht aber weiter.
Auch Mercedes rechnet in Sotschi mit dem Dauerrivalen. «Wir sind in den letzten sechs Rennen nicht die Favoriten, aber das bedeutet nicht, dass wir nicht gewinnen können», sagte Weltmeister Hamilton. Laut des Briten sollte Vettel und Leclerc auch der Kurs in Russland mit zwei langen Geraden und hohem Vollgasanteil liegen. «Wir wissen, wie schnell Ferrari auf den Geraden sein kann. In den letzten drei Rennen haben wir hinter ihnen festgesteckt», sagte Hamilton.
Seit dem Beginn der Hybrid-Ära 2014 hat Mercedes keine Durststrecke von vier Rennen ohne Sieg erlebt – das droht nun. Für Ferrari würde ein weiterer Erfolg die längste Serie seit 2008 bedeuten, als Felipe Massa und Kimi Räikkönen für vier Erfolge am Stück sorgten. Noch konnten die Italiener nie in Sotschi jubeln, Mercedes triumphierte hingegen bei allen fünf Austragungen. Diese Statistiken seien nach Ferraris Leistungsanstieg jedoch nicht mehr viel wert, sagte Hamilton, der aber weiter an sein Team glaubt: «Ich mache mir keine Sorgen.»
Auf dem Weg zu seinem sechsten WM-Titel wird den Briten ohnehin niemand mehr aufhalten. Vor dem 16. von 21 Saisonläufen liegt Hamilton in der Gesamtwertung mit 296 Punkten souverän vor dem Finnen Bottas (231). Selbst jeweils dritte Plätze würden in den verbleibenden sechs Rennen genügen, um erneut Weltmeister zu werden. Hinter Leclerc und Verstappen (beide 200) ist Vettel (194) Fünfter.
(dpa)