Lissabon – Die Goldgrube liegt etwas versteckt und eher unscheinbar am Südufer des mächtigen Tejo. Fernab vom Trubel der Metropole Lissabon hat sich Benfica das Fundament der eigenen Zukunft und Unabhängigkeit gebaut.
Im Vorort Seixal findet sich direkt am Wasser der Futebol Campus ein 19 Hektar großes Areal, auf dem seit 2006 Fußball-Stars produziert werden. Joao Felix, Ederson, Andre Gomes oder Bernardo Silva – sie alle haben mal auf einem der neun Plätze gekickt und wurden für viel Geld an die reichsten Clubs Europas verkauft.
«Der Campus hat eine gewaltige Bedeutung für den Club», sagte Benfica-Trainer Bruno Lage im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur vor dem Champions-League-Spiel gegen RB Leipzig. Der 43-Jährige, seit Januar im Amt, weiß, wovon er redet. Er hat einst selbst als Jugendtrainer bei Benfica angefangen.
15 Millionen Euro hat sich der portugiesische Rekordmeister den Campus vor 13 Jahren kosten lassen. Allein der 19 Jahre alte Joao Felix hat in diesem Jahr mit seinem Transfer zu Atlético Madrid über 120 Millionen Euro in die Kasse gespült. «Die Preise macht natürlich der Markt. Und irgendwann werden Summen geboten, die man einfach nicht mehr ablehnen kann», sagte Pedro Marques. Der Technische Direktor ist für den Campus verantwortlich.
Die Akademie ermöglicht es Benfica mittlerweile, gute Spieler nicht beim erstbesten Angebot abgeben zu müssen. «Wir können wirtschaftlich ein bisschen mitbieten und schaffen es, die Spieler zwei oder drei Jahre länger bei uns zu behalten», sagt Marques. Das mache den Campus zu einer der Säulen des Clubs.
Wie bei RB Leipzig trainieren Profis und Talente unter einem Dach. Man läuft sich täglich über den Weg, grüßt sich, motiviert sich gegenseitig. Neben neun Plätzen bieten auch zwei Sporthallen, 28 Umkleidekabinen, fünf Behandlungsräume und diverse Unterrichtsräume alles, was der moderne Fußballer braucht. 350 Mahlzeiten werden pro Tag serviert, 19 Tonnen Wäsche pro Monat gewaschen. Seit 2006 hat Benfica über 400 U-Nationalspieler hervorgebracht.
Benfica ist bereits dort, wo Leipzig mit seinem 30 Millionen Euro teurem Trainingszentrum eines Tages sein möchte. Es gibt durchaus Parallelen zwischen den Clubs. Auch in Leipzig sind Profis und Talente unter einem Dach, bei beiden Vereinen werden Schule und Training kombiniert, und es gibt für den Nachwuchs strenge Regeln. «Ohne einen Verhaltenskodex funktioniert es nicht», betont Marques.
Den Durchbruch schafft letztlich wie in jedem Club auch bei Benfica nur die Minderheit. «Doch selbst, wenn ein Spieler irgendwann bei einem kleineren Club in der portugiesischen Liga spielt, ist das für uns ein Erfolg», sagt Marques. Damit das funktioniert und für Nachschub gesorgt ist, hat Benfica ein engmaschiges Scouting-Netzwerk in Portugal aufgebaut.
Allein in der Saison 2017/18 wurden über 10 000 Spiele beobachtet und Berichte über fast 7000 Spieler erstellt. «Es ist ein großer Unterschied, ob man Jugendliche oder Erwachsene scoutet. Deshalb haben wir Spezialisten. Sie achten weniger auf die Leistung, sondern müssen ein Gespür für das Potenzial eines Spielers haben», erklärt Marques.
Auf ganz Portugal verteilt hat Benfica fünf Trainingszentren eröffnet. So müssen Talente nicht in jungen Jahren nach Lissabon auf den Campus ziehen, sondern können sich im familiären Umfeld entwickeln. Und irgendwann, da ist sich Marques sicher, wird es den nächsten Joao Felix geben.
(dpa)