«Kribbeln» bei Sportkletterern vor WM

Hachioji – Auf ihrer beschwerlichen Route Richtung Olympia stehen die deutschen Kletterer vor dem ersten Gipfelangriff. Bei der Weltmeisterschaft in Japan wollen die Ausnahmeathleten Jan Hojer und Alexander Megos nicht nur um Medaillen kämpfen.

«Im Hauptfokus steht ganz klar die Olympia-Qualifikation», betonte Routinier Hojer im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Von Sonntag an geht es für die zwei Mitfavoriten in Hachioji zunächst um Edelmetall in ihren Spezialdisziplinen und dann zum Abschluss im nervenaufreibenden Gerangel der Kombination um sieben Startplätze für die Sommerspiele.

2020 feiert die noch junge Sportart in Tokio ihre Olympia-Premiere und fast alle Stars der Szene wollen dabei sein. «Das Rennen ist lanciert», berichtete Bundestrainer Urs Stöcker, der vor dem ersten Quali-Event für Olympia eine besondere Atmosphäre registriert. «Alle sind unter Hochspannung, es ist ein ganz anderes Kribbeln dabei.»

Die WM-Medaillen werden in den Einzeldisziplinen Lead (Seilklettern), Bouldern (Klettern in Absprunghöhe) und Speed (Geschwindigkeitsklettern an einer genormten Wand) sowie einer Kombination aus den dreien vergeben. Die sieben Bestplatzierten jener Dreierwertung haben am Ende ihr Ticket für Tokio 2020 sicher.

Von den beiden deutschen Top-Kletterern hat Hojer als Kombi-Dritter der WM 2018 die besseren Chancen, sich den Olympia-Startplatz zu sichern. «Er ist taktisch unglaublich versiert, kennt alle Kniffe und Tricks. Er lässt sich bei Großevents nicht aus der Ruhe bringen», lobte Stöcker den 27-jährigen Kölner. Hojer war in seiner Spezialdisziplin Bouldern schon Europameister und unterstrich beim Heim-Weltcup in München im Mai als Dritter seine Form. «Er ist ein Kraftpaket und weiß genau, wie er klettern muss», berichtete der Bundestrainer. «Jan ist unglaublich berechnend – im positiven Sinn.»

In Dreikampf «Olympic Combined» werden die Platzierungen der drei Einzelevents multipliziert, die 20 Sportler mit den niedrigsten Werten kämpfen dann um den Einzug ins Finale der besten Acht.

Entscheidend ist also, entweder in allen Disziplinen konstant gute Leistungen abzuliefern oder in mindestens einer Disziplin ganz vorne zu sein. Alexander Megos (25) aus Erlangen fremdelt mit Speed, wo er anderen Kombi-Anwärtern klar unterlegen ist. Dafür gehört er als einer der besten Felskletterer der Welt im Lead zu den Kandidaten für Gold – bei drei Weltcups stand er dieses Jahr zweimal auf dem Podest. «Es kann in alle Richtungen gehen», prognostizierte er, machte aber deutlich: «Der Schlüssel für mich ist ein gutes WM-Ergebnis im Lead.»

Megos reiste als Weltcup-Führender im Seilklettern nach Japan, für Coach Stöcker hat er damit zwangsläufig «klar die Favoritenrolle». Der ehrgeizige Sportler, der im Gegensatz zum Teamkameraden Hojer an der Wand eher ein Bauchmensch ist, kehrte erst im Vorjahr zurück zum Wettkampfklettern – überzeugt aber sofort als WM-Dritter im Lead.

Sowohl Hojer als auch Megos mussten sich bei ihren WM-Bronze-Coups 2018 in Innsbruck jeweils nur Doppelweltmeister Jakob Schubert aus Österreich und dem Kletterstar Adam Ondra aus Tschechien geschlagen geben. Die zwei sind neben den ehrgeizigen japanischen Gastgebern um Tomoa Narasaki die Topfavoriten auf die Olympia-Qualifikation. Dahinter kommen laut Stöcker mehr als ein Dutzend Athleten, die alle Chancen auf das Sommerspiel-Ticket haben, auch Hojer und Megos.

Der Deutsche Alpenverein (DAV) nominierte darüber hinaus noch Afra Hönig (Landshut), Yannick Flohé (Aachen) und Philipp Martin (Kempten) für die WM. Medaillen- oder Olympia-Chancen haben die drei aber kaum.


(dpa)

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