Hecking: «Wollen am Ende des Tages was zu feiern haben»

Hamburg (dpa/lno) – Beifall brandete auf, als die Mannschaft des Hamburger SV die Stadiontreppe zum ersten Training hinabschritt. Doch es war anders als beim Trainingsstart vor einem Jahr, nur wenige Wochen nach dem historischen Abstieg des Dinos in die 2. Fußball-Liga.

Damals waren es 2000 Kiebitze, die ihren Idolen am Rande des Trainingsplatzes Glück beim Unternehmen Aufstieg gewünscht hatten. Diesmal kamen nur rund 500.

Die verpasste Rückkehr in die Bundesliga scheint die schier grenzenlose Euphorie und die Geduld der Anhänger gebremst zu haben. «Ein Mittwochmorgen ist nicht geeignet für Zuschauerrekorde», verteidigte Trainer Dieter Hecking die überschaubare Unterstützung bei seiner ersten Übungseinheit mit der Mannschaft. Der frühere Gladbacher Coach beschrieb das Saisonziel blumig: «Wir wollen am Ende des Tages was zu feiern haben.» Beim Namen nennen wollte er es aber nicht: «Es bringt uns nichts, ständig mit dem Wort Aufstieg konfrontiert zu werden.»

18 Feldspieler und drei Torleute waren beim Auftakt dabei. David Bates und Stephan Ambrosius arbeiteten im Kraftraum; Rick van Drongelen, Berkay Özcan, Vasilije Janjicic und Tatsuya Ito dürfen nach Länderspieleinsätzen später ins Training einsteigen. Zudem ist Douglas Santos noch bei seiner schwangeren Frau in Brasilien und wird zu Wochenbeginn zurückerwartet.

Die sieben Neuen waren auch dabei: Sonny Kittel (Ingolstadt), Adrian Fein (Bayern München), David Kinsombi (Holstein Kiel), Lukas Hinterseer, Jan Gyamerah (beide VfL Bochum), Jeremy Dudziak (FC St. Pauli) und Torhüter Daniel Heuer Fernandes (Darmstadt 98). Kommen sollen weitere Profis, darunter der brasilianische Innenverteidiger Ewerton. «Wir sind interessiert an Ewerton. Er hat sehr zur Stabilität der Nürnberger beigetragen. Er ist zweikampfstark und strahlt Ruhe aus», sagte Hecking. Ewerton soll in seinem Vertrag in Nürnberg eine Ausstiegsklausel über rund zwei Millionen Euro haben.

Das Transferfenster schließt am 31. August. Hecking setzt auf den Domino-Effekt. «Wenn die Bundesligisten ihre Kader klar haben, könnte der eine oder andere für uns interessant werden», meinte der 54 Jahre alte Trainer. Das Kennenlernen seiner Profis war beim ersten Kontakt eher flüchtig. «Wir müssen erst mal ankommen und die neuen Eindrücke verarbeiten», meinte der Coach, der die Gladbacher in der Vorsaison in die Europa League geführt hat.

Hecking sieht sein Engagement bei einem Zweitligisten nicht als Abstieg. «Man braucht selber neue Motivationen und Innovationen», begründete der 54-Jährige seinen Wechsel und sieht in Hamburg die Chance, «etwas zu bewegen». Nach 13 Jahren Bundesliga will der Coach neue Reizpunkte setzen. In seiner Familie hat er den nötigen Rückhalt. Bei einem seiner Söhne sei der HSV «ein ganz großes Thema».

Der neue Sportvorstand Jonas Boldt lobte den Trainer überschwänglich: «Dieter passt in dieser Situation wie die Faust aufs Auge.» Der Nachfolger von Ralf Becker kündigte Tobias Schweinsteiger als Co-Trainer an. «Wenn alles passt, wird er am Donnerstag mit auf dem Platz stehen.» Hecking erhofft sich einen Vorteil durch das Alter des Schweinsteiger-Bruders. Mit seinen 37 Jahren soll er direkten Zugang zu den Spielern finden. «Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste», sagte Hecking.

Der Nachfolger des glücklosen Hannes Wolf will sich keinen Illusionen hingeben und sich an die Vereinsorder Demut halten. «Das zweite Jahr in der 2. Liga ist oft schwieriger als das erste. Aus dieser Situation müssen wir das Beste machen, und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch hinbekommen.»

(dpa)