Madrid – Der französische Spitzenclub PARIS SAINT-GERMAIN sucht in Zukunft auch in Deutschland nach Fußball-Talenten. PSG will eine Akademie für Jugendliche in Nordrhein-Westfalen eröffnen – Standorte sind Düsseldorf und Oberhausen.
Frankreichs Meister arbeitet dabei mit der Football Academy Düsseldorf GmbH zusammen, ab September will man ganzjährig an den beiden Standorten am Ball sein. Jungen und Mädchen zwischen sechs und 16 Jahren sollen professionell trainieren können. Ziel sei die Teilnahme an Freundschaftsspielen, regionalen, nationalen und internationalen Wettbewerben. «Diese Akademie wird es Paris Saint-Germain ermöglichen, seine Vision vom Fußball mit jungen Deutschen zu teilen, die von dem qualitativ hochwertigem Training profitieren werden», sagte PSG-Trainer Thomas Tuchel.
Von Talenteklau könne aber keine Rede sein. «Darüber muss ich schmunzeln. Schließlich laufen überall Scouts von anderen Clubs herum», meinte der der ehemalige Bundesliga-Profi Ranisav Jovanovic, Sprecher der Football Academy Düsseldorf. Doch wie finden die Spitzenclubs in England, Italien, Spanien und in den Niederlanden ihre Talente?
REAL MADRID: Der spanische Rekordmeister betreibt über die Stiftung «Fundacion Real Madrid» weltweit knapp 300 Fußballschulen für Kinder zwischen fünf und 15 Jahren. Die größte dieser «Escuelas» hat im chinesischen Qingyua derzeit 2600 Teilnehmer. Neben den Schulen werden auch mehrtägige Camps und Kliniken veranstaltet, seit 2014 auch in Deutschland. Im ersten Jahr machten dort rund 4000 Jungs und Mädchen mit, 2015 bereits mehr als doppelt so viele. Toni Kroos, Marcelo und Gareth Bale sind einige der Botschafter. In gut 20 Jahren hatte die Stiftung mehr als 800 000 «Absolventen» in 75 Ländern. Die besten Kicker werden zu sogenannten Try-Outs nach Madrid eingeladen. Nach Club-Beteuerung stehen bei diesen Projekten soziale und kulturelle Aspekte im Mittelpunkt – und nicht die Entdeckung von Talenten. Aber für den einen oder anderen wird der Traum doch wahr. Der Linksverteidiger Sergio Reguilón (22), der mit fünf Jahren zur Stiftung kam, wurde in der vorigen Saison sogar Stammspieler.
FC BARCELONA: Der FC Barcelona hat überall auf der Welt Scouts. Chefscout in Brasilien ist etwa André Cury, der in der Bankenwelt Karriere gemacht hat und unter anderem die Verpflichtungen von Neymar und Arthur empfohlen hat. Daneben betreibt der katalanische Verein sogenannte «Akademien» auf allen fünf Kontinenten. Die 50. «Barça Academy» wurde Ende Mai in Orlando im US-Bundesstaat Florida eingeweiht. Im April fand in Barcelona der Barça Academy World Cup statt. Rund 2100 Kinder zwischen sechs und 14 Jahren aus 23 Ländern nahmen teil. Durch diese Schulen und mehrtägigen Camps stelle der Club nicht nur mehr Nähe zu den Fans im Ausland her. Man verbreite auch die «Arbeitsphilosophie und die Werte» des Clubs, sagte Academy-Sprecher Carles Martin. «Wir können stolz darauf sein, dass allein in Nordamerika viele von uns ausgebildete Spieler es in US-Auswahlteams geschafft haben.» Keiner der 45 000 ausländischen Schüler schaffte es bisher in das erste Team der Blaugrana. Aber der Japaner Takehiro Tomiyasu kommt bereits auf vier Länderspiele.
MANCHESTER CITY: Der englische Meister und Pokalsieger hat vor zehn Jahren die heimische City Football Academy umstrukturiert. Über ein internationales Netzwerk sollen Scouts weltweit Nachwuchsspieler finden, der Fokus soll aber auf Talenten aus der näheren Umgebung liegen. Der Erfolg hält sich bisher in Grenzen. In der abgelaufenen Saison war Phil Foden der einzige Spieler, der auf der City-Akademie war, und – mit immerhin 13 Liga-Einsätzen – zum engeren Mannschaftskreis gehörte und seinen Anteil am Erfolg hatte. Über die gemeinsame Inhaber-Gesellschaft, die City Football Group aus Abu Dhabi, bestehen Kooperationen mit dem New York City FC, Melbourne City, den Yokohama F. Marinos, Atlético Torque und dem FC Girona. Daneben betreibt der Club von Pep Guardiola noch Fußballschulen für den Nachwuchs in Abu Dhabi und Dubai.
FC LIVERPOOL: Champions-League-Sieger FC Liverpool betreibt auf der ganzen Welt «International Academies» mit Fußballkursen für Kinder ab fünf Jahren, darunter in den USA, Australien, China und zahlreichen europäischen Ländern. «Wir bieten etwas Anderes und Einzigartiges an, indem wir Spieler auf und neben dem Platz entwickeln», wirbt Trainer Jürgen Klopp auf der Website. Zudem setzen die Reds auf ein internationales Netzwerk von Kooperationen mit sogenannten Affiliate Clubs. Kurios: Eine langjährige Partnerschaft mit der Nachwuchsakademie des MTK Budapest führte in der Vergangenheit zu mehreren Neuzugängen aus Ungarn, die jedoch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnten.
JUVENTUS TURIN: Der italienische Rekordmeister streckt überall dorthin seine Fühler aus, wo es Talente geben könnte. Sportdirektor Fabio Paratici erklärte einmal, es liege in der DNA von Juventus, italienische Spieler als Basis zu haben. Doch das Niveau hat in den vergangenen Jahren angezogen, deswegen kämen insgesamt weniger Spieler in Frage, die für Juve spielen können. «Logischerweise (…) nimmt damit auch die Zahl der Italiener ab, die es schaffen können», sagte Paratici im Februar in einem Interview. Der Blick geht also auch nach Europa oder zum Nachwuchs im außereuropäischen Ausland. Juventus bildet nicht nur in Turin seinen eigenen Nachwuchs aus, sondern in Akademien in aller Welt – von Australien über China, Bahrain oder Marokko bis nach Kanada.
AJAX AMSTERDAM: Die Ajax-Scouts sind gezielt auf der Suche nach Talenten ab acht Jahren im eigenen Land. Sie werden vor allem bei Amateurclubs in der Region um die niederländische Hauptstadt gesucht. Viele Talente melden sich auch direkt beim Rekordmeister – bei den regelmäßigen Talentetagen in Amsterdam, bei Sommerlagern oder eintägigen Kliniken im ganzen Land. Ajax sucht aber auch bei den Jugendmannschaften anderer Proficlubs. So wurde für die nächste Spielzeit sogar ein Jugendspieler vom Erzrivalen Feyenoord Rotterdam verpflichtet. In der Ferne fungiert der südafrikanische Tochter-Verein Ajax Capetown auch als eine Art Talentschmiede. Mehrere Talente schafften so bereits den Sprung nach Europa.
(dpa)