Gummersbach – Die Angst vor dem ersten Bundesliga-Abstieg seines VfL Gummersbach bringt Handball-Legende Heiner Brand in diesen Tagen um den Schlaf.
«Das Thema beschäftigt mich natürlich, auch wenn ich diese Entwicklung in den vergangenen Monaten verfolgt und die Gefahren gesehen habe», sagte Brand in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Das belastet mich schon. Ich denke oft daran, auch nachts.»
Seit der Gründung der Bundesliga vor 53 Jahren war Gummersbach stets im Oberhaus dabei. Zwölf deutsche Meisterschaften, fünf Pokalsiege und elf Europacup-Triumphe feierte der einst ruhmreiche Verein – auch dank Brand, der in seiner Karriere ausschließlich das VfL-Trikot trug und die Oberbergischen später zweimal trainierte.
Kein Wunder, dass dem 66-Jährigen die prekäre sportliche und wirtschaftliche Situation des Vereins nahe geht. «Es fällt schwer, mir die Bundesliga ohne den VfL vorzustellen», sagte Brand. «Wenn es so kommen sollte, was ich natürlich nicht hoffe, wäre das bitter und würde sehr wehtun. Nicht nur mir, sondern vielen Menschen in der Region, denn der Verein gehört zu dieser Stadt.»
Zwei Spieltage vor Saisonende liegt Gummersbach zwar auf dem rettenden 16. Platz – aber nur wegen der um 20 Treffer besseren Tordifferenz gegenüber der punktgleichen SG BBM Bietigheim. Und beim schwäbischen Rivalen muss der VfL am letzten Spieltag antreten. Daher steht der Bundesliga-Dino an diesem Mittwoch gegen Frisch Auf Göppingen gehörig unter Druck. «Das ist eine Riesenchance, denn Göppingen ist keine Übermannschaft. Mit Willen und der Unterstützung des Publikums kann man viel schaffen», sagte Brand.
Sollte Bietigheim zur gleichen Zeit in Magdeburg verlieren, wäre Gummersbach bei einem Sieg so gut wie gerettet. Ansonsten kommt es am Pfingstsonntag zu einem Abstiegsendspiel. Ein solches Nervenduell will das Team des im März verpflichteten Trainers Torge Greve unbedingt vermeiden.
Das Überleben in der Bundesliga ist für das Gründungsmitglied fast schon eine Frage der Existenz. Denn bei einem Abstieg würde der VfL wegen einer daraus resultierenden Finanzlücke derzeit keine Lizenz für die 2. Liga erhalten – und damit sogar der Absturz in die Drittklassigkeit drohen, den vor einigen Jahren schon der einstige Dauerrivale TV Großwallstadt erlebte.
«Der VfL muss Schritt halten oder weichen», sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann klipp und klar. Deshalb arbeitet der Verein daran, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. «Wir müssen moderner werden», begründete VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler die beschlossene Neuausrichtung. Dazu gehören die Intensivierung der Talenteausbildung, die Gewinnung neuer Sponsoren, die Bindung der Fans an den Verein und der Wechsel des Ausrüsters im Sommer.
Brand, der sich als Schirmherr der Gummersbacher Handball-Akademie in den Prozess einbringt, begrüßt diese Schritte. Doch sie könnten zu spät kommen, weil sportlich vieles schief gelaufen ist.
Ungeachtet der geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten habe der Verein in den zurückliegenden Spielzeiten einige Fehler bei der Besetzung der Trainerposition gemacht, kritisierte Brand: «Da ist über Jahre keine richtige Konstanz reingekommen. Diese Mannschaft hat nicht die Erziehung, die man haben muss, um sportlich erfolgreich zu sein.» Aber natürlich hofft er trotzdem auf ein Happy End, um endlich wieder ruhig schlafen zu können.
(dpa)