Kosice – Eigentlich war die Rolle des Topspielers bei der Eishockey-Weltmeisterschaft jemandem wie Alexander Owetschkin zugedacht.
Der 33 Jahre alte russische Weltklasse-Spieler hält sich in der Slowakei bislang aber noch ziemlich zurück. Fans und Fachwelt sind nach den ersten drei Spielen dagegen von einem 18 Jahre alten Finnen namens Kaapo Kakko fasziniert. «Es gibt auf der Welt nicht viele solche Spieler wie ihn. Wenn er den Schläger auf dem Eis hat, ist nur der Himmel die Grenze», schwärmte Finnlands Trainer Jukka Jalonen euphorisch.
Mit fünf Toren alleine in den ersten beiden Spielen ist Europas größtes Talent des 2001er-Jahrgangs bisher die größte WM-Attraktion. Trotz gut 100 schon mehr oder minder gestandener NHL-Spieler, trotz Weltstars wie eben Owetschkin, Schwedens Torwart Henrik Lundqvist, US-Stürmer Patrick Kane oder dem deutschen Top-Angreifer Leon Draisaitl. Beim 2:3 nach Verlängerung am Montag gegen die USA ging Kakko zwar zum ersten Mal leer aus – eine Augenweide war sein Spiel dennoch. Im mit Spannung erwarteten Duell mit US-Stürmer Jack Hughes war Kakko erneut der deutlich auffälligere Spieler.
Mit Hughes, der am Dienstag 18 Jahre alt wurde, liefert sich Kakko Ende Juni in Vancouver wieder ein Duell. Bei der jährlichen sogenannten Draft der nordamerikanischen Profiliga NHL geht es darum, welches Team sich die Rechte an welchem Spieler sichert: Hughes oder Kakko. Beide Spieler sind die weltweit Besten ihres Jahrgangs. Das erste Zugriffsrecht haben die New Jersey Devils, danach folgen die New York Rangers. Bislang galt es als wahrscheinlich, dass Hughes als erstes von den Devils gezogen wird. Angesichts der Kräfteverhältnisse auf dem Eis bei der Weltmeisterschaft könnte aber ein Umdenken stattfinden. Hughes spielt bislang seinem Alter eher entsprechend unter Männern recht unauffällig. Von Kakko kann man das nicht sagen.
Der deutsche Stürmer Patrick Hager (30) war schon Anfang September verblüfft, als sein EHC Red Bull München in der Champions League gegen TPS Turku spielte. Bei den Finnen lief der damals noch 17-Jährige Kakko mit dem Gitterschutz minderjähriger Spieler auf, agierte aber schon wie ein routinierter Profi. «Es war da schon erstaunlich, wie weit ein so junger Spieler sein kann», sagte Hager.
Beim 5:3 Turkus am 6. September schoss Kakko auch ein Tor. Inzwischen zuckt Hager im Gespräch über Kakko nur noch mit den Schulter: «Nach einem vollen Jahr in der finnischen Liga wundert es mich nicht, dass er auf dem Niveau hier bei der Weltmeisterschaft spielt.»
Dabei ist das wirklich eine Show. Bei seinen fünf Toren gegen die kanadische NHL-Auswahl (3:1) und den WM-Gastgeber Slowakei (4:2) waren zwar zwei ins leere gegnerische Tor dabei. Auch das zeigt aber seinen Stellenwert, wenn der 18-Jährige in der engen Schlussphase eines Spiels aufs Eis darf, in der der Gegner mit der Herausnahme des Torhüters zugunsten eines weiteren Feldspielers eine Überzahlsituation schafft.
Gegen die Slowakei geriet zudem selbst sein Treffer ins leere Tor zur Augenweide. Mit nur einem Arm führte er grazil den Puck, um sich mit dem anderen Arm entschieden einen störenden Gegenspieler vom Leib zu halten. Er umkurvte diesen und netzte dann ein. «Es war schon ganz geil», sagte der Teenager anschließend.
Kakko, der mit Finnland bereits U18- und U20-Weltmeister wurde, genießt seinen Auftritt unter Männern. «Ich habe versucht, Englisch zu reden. So viel Aufmerksamkeit zu haben, macht schon Spaß», meinte Finnlands aktuell gefragtester Mann. Auch dies ist eine gute Übung für Ende Juni. Spätestens dann wird er Englisch sprechen müssen.
(dpa)