«Alarmglocken»: Schwächster Abstiegsk(r)ampf der Geschichte

Hannover – Diese außergewöhnliche Chance überrascht selbst Thomas Doll. Im historisch schwachen Abstiegskampf geht Hannover 96 mit der drittschlechtesten Bilanz der Bundesliga-Geschichte in die letzten Spiele – und darf immer noch auf ein Fußball-Wunder hoffen.

«Ich weiß nicht, ob es das in der Bundesliga schon einmal gegeben hat», fragte sich der Coach der Niedersachsen vor dem 30. Spieltag. «Dass man mit 14 Punkten immer noch die Chance hat, den Anschluss zu halten. Wir sind immer noch in der Verlosung.»

Wer den aktuellen Kampf um den Klassenverbleib mit einer Tombola vergleicht, muss zu dem Schluss kommen, dass bislang selten so viele Nieten gezogen wurden. Die drei Teams am Tabellenende – der VfB Stuttgart (21 Punkte), der 1. FC Nürnberg (18) und Hannover (14) – kommen zusammen gerade einmal auf 53 Zähler.

So wenige waren es zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nie. Selbst als Tasmania 1966 auf Kurs des bis heute bestehenden Negativrekords von umgerechnet zehn Punkten am Saisonende war, hatten die Berliner (7), Borussia Neunkirchen (22) und der FC Schalke 04 (27) gemeinsam drei Punkte mehr.

Und so ist Hannover zwar seit Wochen gefühlt bereits abgestiegen, wäre trotz zwölf Niederlagen in den vergangenen 13 Partien mit einem Erfolg bei Hertha BSC am Ostersonntag aber zumindest theoretisch wieder im Rennen. Im direkten Abstiegsduell will Stuttgart beim FC Augsburg den Rückstand vom Relegationsplatz auf die gesicherte Zone verkürzen. «Alle Alarmglocken sind bei uns und auch beim Trainer an», sagte VfB-Profi Gonzalo Castro auch mit Blick auf seinen Coach Markus Weinzierl. Dem 44-Jährigen droht das Aus bei einem weiteren Rückschlag.

Bleiern hängen die Negativergebnisse auch an den Schwaben, die seit dem 16. Spieltag nur noch einmal gewonnen haben. Bei Nürnberg gibt es vor der Partie bei Bayer Leverkusen unter dem neuen Coach Boris Schommers mit drei Partien ohne Niederlage in Serie zwar einen leichten Aufwärtstrend, doch langsam geht den Franken die Zeit aus.

Alle fünf akut bedrohten Teams, darunter auch der FC Schalke 04, griffen bereits zu dem gewohnten Mittel eines Trainerwechsels. Ein neuer Trend ist hingegen, dass das Quintett auch schon während der laufenden Saison auf Positionen, die für die Kaderauswahl maßgeblich sind, sein Personal austauschte. Die Vereine eint, dass mehr oder weniger große Fehler in der Saisonplanung ein wichtiger Grund für die prekäre Lage sind.

Die Mannschaft sei «kaputt, schlecht zusammengestellt und gescheitert», schimpfte Hannovers Hauptgesellschafter Martin Kind, selbst als Sportchef Horst Heldt noch im Amt war. Augsburgs Sportdirektor Stefan Reuter begründete die Trennung vom Technischen Direktor Stephan Schwarz damit, dass er mit den Transfers der jüngeren Vergangenheit nicht zufrieden gewesen sei. Auch die Sportvorstände Michael Reschke (Stuttgart), Andreas Bornemann (Nürnberg) und Christian Heidel (Schalke) mussten gehen. Während Schalke, Stuttgart und Hannover die falschen Leute holte, tat das klamme Nürnberg zu wenig auf dem Transfermarkt.

Diese Saison sind die Fehler abseits des Platzes aber nicht mehr zu beheben. Schalke, Nürnberg, Stuttgart und Hannover gelangen in der kompletten Rückrunde gemeinsam lediglich fünf Siege – alleine Augsburg kommt auf vier und geht damit mit der besten Ausgangslage der bedrohten Teams ins Finale. «Wir sind noch nicht auf der Zielgeraden», sagte FCA-Coach Martin Schmidt und gab stellvertretend das Motto für den zähen Abstiegskampf auf: «Wir werden irgendwann auf die Zielgerade kommen, aber im Moment geht es noch steil bergauf.»


(dpa)

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