Trotz Patzer: Bundestrainerin will keine Torhüter-Diskussion

Paderborn – Acht Wochen vor der Frauenfußball-Weltmeisterschaft kann Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg keine Diskussion um die Nummer eins im deutschen Tor gebrauchen.

So bemühte sich die 51-Jährige nach dem 2:2 (0:1) im vorletzten Test gegen Japan, die von Stammkeeperin Almuth Schult durch zwei kapitale Schnitzer selbst verursachten Zweifel an ihrer WM-Tauglichkeit zu zerstreuen.

«Was sie jetzt von uns braucht, ist Sicherheit und Vertrauen», betonte Voss-Tecklenburg, ließ sich aber ein Hintertürchen offen. Auch Schult sei klar, «dass es immer und überall auf jeder Position einen Konkurrenzkampf» gebe. «Aber den machen wir jetzt nicht auf, sondern wir werden eher versuchen, ihr erstmal die Sicherheit zu geben, die sie auch verdient hat und die sie braucht.»

Die Torfrau des deutschen Serienmeisters VfL Wolfsburg erwischte in Paderborn einen schwarzen Tag. Beide Gegentore – zum 0:1 durch Yui Hasegawa (35. Minute) und zum 1:2 durch Kumi Yokoyama (69.) – gingen nach katastrophalen Fehlpässen auf ihr Konto. Die 28-Jährige versuchte gar nicht, etwas zu beschönigen. «Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Das war einfach dumm. Es ist meine Schuld, wenn wir das Spiel in den Sand setzen. Deshalb bin ich der Mannschaft dankbar, dass sie zweimal den Ausgleich geschafft hat.» Allerdings bedurfte es eines Kraftaktes, um die Pleite beim Heimdebüt von Voss-Tecklenburg vor 4804 Fans durch Tore von Alexandra Popp (53.) und Svenja Huth (72.) noch zu verhindern.

Beim Versuch, einen Rückpass von Johanna Elsig vor dem 0:1 zu Marina Hegering weiterzuleiten, trat sich Schult selbst gegen das Standbein. Vor dem 1:2 ging sie beim Spielaufbau ein zu hohes Risiko ein, so dass die Asiatinnen erneut den Ball eroberten. «Ärgerlich», nannte VfL-Teamkollegin Lena Goeßling die Aktionen, «aber Almuth weiß selbst, dass sie diese Fehler gemacht hat. Besser sie passieren jetzt als bei der WM.» Auch DFB-Spielführerin Popp versuchte, nach den Aussetzern zu trösten: «Sie ärgert sich selbst am meisten, aber sie weiß damit umzugehen. Und wir sind als Mannschaft dafür da, sie ein Stück weit aufzufangen», betonte Popp.

Voss-Tecklenburg ist «zu hundert Prozent sicher», dass Schult, die unlängst auch im Champions-League-Viertelfinale gegen Olympique Lyon zweimal patzte, «die Fehlerminimierung, was ihr Spiel mit dem Fuß angeht, hinbekommt.» Almuth sei eine Perfektionistin, so die Trainerin, aber: «Sie muss auch lernen, nicht immer den perfekten Pass oder die perfekte Lösung zu finden, sondern an einfachen Lösungen zu arbeiten.»

Nach dem Karriereende von Weltmeisterin Nadine Angerer rückte Schult in der DFB-Auswahl 2015 zur Nummer eins auf. Doch ganz unumstritten war sie nie, es mangelte schlicht lange an guten Alternativen. Doch in der jungen Merle Frohms vom SC Freiburg, die zuletzt beim 0:0 im November gegen Spanien und beim 1:0 im Februar beim WM-Gastgeber Frankreich tadellos hielt, sowie Laura Benkarth (Bayern München), Carina Schlüter (SC Sand) und Lisa Schmitz (Turbine Potsdam) übt mittlerweile gleich ein Quartett Druck auf Schult aus.

«Aktuell», sagte die Trainerin, «ist Merle Frohms die Nummer zwei. Sie hat herausragende Länderspiele gemacht.» Die 24-Jährige habe in der Liga «ein paar Situationen gehabt, aus denen sie lernen muss. Aber sie wächst ständig. Es ist toll, wenn wir eine große Auswahl an Torhüterinnen für die WM haben.»

Schult knabbert noch an den Folgen ihrer Masern-Erkrankung, die sie wochenlang außer Gefecht setzte. «Wir wissen, dass Almuth noch nicht ganz bei 100 Prozent ist, was ihre körperlichen Prozesse angeht», sagte Voss-Tecklenburg und räumte ihr noch Kredit ein. Bleibt zu hoffen, dass Schult ihre Defizite bis zur WM aufarbeitet. Denn klar ist auch, dass sie in den nächsten Wochen beim DFB-Pokalfinale gegen Freiburg und an den letzten Liga-Spieltagen unter Beobachtung steht. «Angst, Fehler zu machen», versicherte Schult selbstbewusst, habe sie nicht. «Ich muss das schnell abhaken. Dann geht es weiter.»


(dpa)

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