DEB-Frauen im Schatten des Männer-Aufschwungs

Espoo – Bundestrainer Christian Künast gibt selbst zu, das internationale Frauen-Eishockey noch gar nicht komplett einschätzen zu können.

Dafür sei er zu kurz im Amt. Erst vier Monate vor der Weltmeisterschaft im finnischen Espoo hat der einstige Assistent des früheren Herren-Erfolgstrainers Marco Sturm seinen Posten übernommen. Frauen hat der 48-Jährige zuvor noch nie trainiert. Dennoch soll Künast für einen Aufschwung sorgen – und zunächst von Donnerstag an bei der WM in Finnland den Abstieg aus der Top-Division vermeiden.

Das Frauen-Eishockey steht in Deutschland klar im Schatten der Männer. Es ist eine Nischensportart. Selbst die Weltmeisterschaften finden gewöhnlich kaum Beachtung. «Es ist ein eigener Sport. Ich würde den Schatten gar nicht sehen», beschwichtigte der Präsident des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB), Franz Reindl. Den Vergleich mit den Männern solle man nicht ziehen, sagte Reindl.

Künast, der bis zum Jahreswechsel die U20 trainierte, soll seine Erfahrungen aus dem Männer-Bereich einbringen und die «Professionalität implementieren». So begründete Reindl den Wechsel vom früheren Bundestrainer Benjamin Hinterstocker zu Künast. Ziel ist es, bei den zwei kommenden WM-Turnieren die Qualifikation für Olympia 2022 in Peking zu sichern. 2018 in Pyeongchang fehlten die Frauen.

Künast hat bei den Winterspielen 2018 dagegen selbst mit erlebt, wie sich mit dem sensationellen Erreichen des Endspiels Euphorie, gar ein kurzweiliger Hype, um das deutsche Männer-Eishockey entwickelte. An der Seite seines Schwagers Sturm stand der Niederbayer als Assistent an der Bande. Was er von diesem Erfolg den Frauen mitgeben kann? «Ich kann ihnen vermitteln, wie groß der Glaube in einer Mannschaft war, und was er bewirken kann. Aber am Ende des Tages müssen sie ihren eigenen Weg gehen, und sie werden auch ihren eigenen Weg gehen», sagte Künast. Die Unterschiede zum Männer-Eishockey sind groß. Zu seinem Team gehören Studentinnen ebenso wie Spielerinnen mit einer 40-Stunden-Arbeitswoche, berichtete er.

Vor zwei Jahren erreichten die deutschen Frauen überraschend in den USA das WM-Halbfinale, es war ihr größter Erfolg. Generell aber ist Deutschland international klarer Außenseiter. Die großen Eishockey-Nationen wie Kanada und USA sind weit voraus. Bei der WM sind die zehn Teilnehmer in zwei Fünfergruppen eingeteilt. Aus der A-Gruppe ziehen alle ins Viertelfinale ein. Aus der B-Gruppe, in der Deutschland antritt, steigen die beiden schwächsten Teams ab.

Dazu wollen die deutschen Frauen nicht gehören. Das erste WM-Gruppenspiel am Donnerstag (11.30 Uhr) gegen Schweden will sich DEB-Präsident Reindl vor Ort anschauen. Der 64-Jährige bewirbt den Sport als «attraktiv» und meint, dass das Olympia-Silber der Männer 2018 in Südkorea auch dem Frauen-Eishockey helfe: «Ja klar, Eishockey insgesamt ist ja belebt», sagte der DEB-Chef. «Die Zahl der Mädchen steigt, auch hier geht der Trend weiter nach oben.» Konkrete Zahlen kennt er nicht.


(dpa)

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