Gelsenkirchen – Auf Kohle geboren, im Ruhrgebiet aufgewachsen, in England gereift!
Leroy Sané und Ilkay Gündogan spielen zwar für den englischen Meister Manchester City, haben jedoch mehr Gelsenkirchener Stallgeruch als das komplette Team des FC Schalke 04, in dem kein Revierfußballer mehr steht. Nun sind die Nationalspieler zurück in ihrer Heimat – für das Duell mit dem kriselnden Bundesligisten im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League.
Sané und Gündogan könnten vor und nach der Partie am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) in der Arena eigentlich in ihren Kinderzimmern übernachten. «Ich habe noch viele Verbindungen nach Gelsenkirchen: Familie, beste Freunde. Ich hatte eine sehr schöne Kindheit», erzählt Gündogan in einem seiner vielen Interviews vor dem Duell mit seinem Ex-Club. Bis zu seinem 18. Lebensjahr wohnte der in Gelsenkirchen geborene Gündogan im Stadtteil Heßler, wo er das Fußballspielen auf der Straße und beim Vorortclub SV Gelsenkirchen-Heesler 06 erlernte.
Als Achtjähriger kickte der heutige City-Mittelfeldstar in der Schalker E-Jugend. Dass ihn die Bosse der Knappenschmiede nach einem Jahr aussortierten, als er mit wachstumsbedingten Problemen zu kämpfen hatte, hat der 28-Jährige lange nicht verwunden. «Inzwischen schon», sagt er im «Kicker», «aber das war nicht immer so.»
Wohl deshalb ist sein Verhältnis zu Schalke noch immer ambivalent, obwohl er sein erstes Spiel im damaligen Parkstadion sah und all seine Freude Schalke-Fans waren. Er aber habe als Kind immer mehr türkischen Fußball geguckt als Bundesliga. Und als die Königsblauen einige Jahre später erneut bei Gündogan anklopften, zeigte er ihnen die kalte Schulter. «Da war ich noch ein bisschen nachtragend.»
Eine Weltkarriere startete Gündogan dennoch, landete über den SSV Buer und die Jugend des VfL Bochum beim 1. FC Nürnberg. Für die Franken machte er die ersten Profispiele. 2011 folgte der Wechsel zu Schalkes Erzrivalen Borussia Dortmund, mit dem er 2012 das Double aus Meisterschaft und Pokalsieg holte und ein Jahr später in Wembley (1:2 im Finale gegen den FC Bayern) beinahe die Champions League gewann.
Im Sommer 2016 heuerte er in Manchester an, wo gerade Pep Guardiola unterschrieben hatte. Der spanische Trainer wiederum wollte unbedingt Supertalent Leroy Sané haben. Schalkes Sportvorstand Christian Heidel konnte die Ablösesumme auf 50 Millionen Euro hochtreiben, und so kreuzten sich die Wege von Sané und Gündogan in Manchester.
Auch Sanés Elternhaus steht nur einen Steinwurf entfernt von der Arena. Die sportbegeisterte Familie des 23-Jährigen, der in Essen zur Welt kam, wohnt in Bochum-Wattenscheid. Leroys Mutter Regina Weber-Sané, mit 32 nationalen Meistertiteln und Olympia-Bronze 1984 in Los Angeles bis heute die erfolgreichste deutsche Sportgymnastin, freut sich auf das Wiedersehen mit ihrem zweitältesten Filius.
Wie Gündogan musste auch Sané seine Familie und Freunde mit Tickets für das mutmaßlich ungleiche Duell des abgestürzten deutschen Vizemeisters mit dem millionenschweren Starensemble versorgen. Gut möglich, dass dies Vater Souleymane «Samy» Sané übernahm. Der frühere Nationalspieler aus dem Senegal und langjährige Bundesligaprofi fungiert nämlich als Manager seiner drei Söhne – alles Fußballer.
Leroys ein Jahr älterer Bruder Kim hat bereits 2017 seine Karriere beim Regionalligisten Wattenscheid 09 beendet. Der jüngste Spross, Sidi Sané (15), spielt in Schalkes U16 und ist wie Leroy Stürmer. Nicht wenige Experten glauben, dass er noch talentierter ist als der Man-City-Star. «Sidi bringt Potenzial mit, das andere nicht haben», urteilt dessen Trainer, der Ex-Profi Willi Landgraf.
Im ersten Halbjahr auf der Insel wurde Sané noch von Muskelblessuren ausgebremst, dann startete er durch: 118 Pflichtspiele bestritt er mittlerweile für City, erzielte 35 Tore und bereitete 41 vor. Im Vorjahr wurde er als bester Jungprofi der Premier League geehrt. Auch diese Saison verzückte er schon mit Galaauftritten.
Anders als der bodenständige Gündogan gilt Sané als manchmal schwieriger Charakter. Sämtliche Interview-Anfragen lehnte er ab. Gündogan spricht aber: «Jeder denkt, dass Schalke chancenlos ist. Dadurch haben sie nichts zu verlieren, wir aber eine Menge.»
(dpa)