Are – Weder das Mitleid der neuen Weltmeisterin Mikaela Shiffrin noch die Umarmung der gestürzten Lindsey Vonn konnten die Laune von Viktoria Rebensburg nach der so knapp verpassten Medaille wirklich bessern.
«Ja, scheiße», sagte die 29-Jährige, nachdem sie zum Auftakt der Ski-Weltmeisterschaften den Podestplatz und Bronze im Super-G um winzige 0,02 Sekunden verpasst hatte. Auf Shiffrin fehlten ihr in Are auch nur 0,07 Sekunden – knapper zwischen Gold und gar nichts war es in einem Super-G weder bei einer WM noch bei Olympia jemals zuvor. «Brutal eng, ja. Aber so ist unser Sport. Die Zeit zählt. Deshalb ist der Platz sicher… bitter.»
Gold für Shiffrin aus den USA, Silber für Sofia Goggia aus Italien, Bronze für Corinne Suter aus der Schweiz – und nur Blech für Rebensburg aus Deutschland. Schon zum dritten Mal in ihrer Karriere blieb die beste Skirennfahrerin der Republik bei einem Großereignis nur der undankbarste aller Plätze. «Der ist wirklich am engsten. Zwei Hundertstel, das ist… ich weiß nicht, wie viel das umgerechnet ist. Aber es ist halt nix», meinte Rebensburg nach dem harten Wettkampf bei zweistelligen Minusgraden in Schweden.
Wie schon im WM-Super-G 2017 und im olympischen Riesenslalom 2018 landete Rebensburg auf dem bitteren vierten Platz. Aus dem deutschen Team kam Kira Weidle auf den 18. Rang. Michaela Wenig und Meike Pfister schieden ebenso aus wie die Amerikanerin Vonn.
Beim Blick auf die Ergebnistafel im Ziel fasste sich Rebensburg an den Helm und schüttelte ungläubig den Kopf. «Ich denke, es war wirklich eine gute Fahrt, kein grober Fehler drin. Klar, zwei Hundertstelsekunden entscheiden dann. Trotzdem kann ich stolz sein, auf das, was ich gemacht habe», analysierte sie und fand trotz der großen Enttäuschung ein paar kleine Brocken fürs Selbstvertrauen.
Ein Schwung im oberen Teil der wegen heftiger Winde verkürzten Strecke gelang ihr nicht so gut wie den Rivalinnen, womöglich hat die Sportlerin vom SC Kreuth dort eine Medaille oder gar Gold verspielt – noch eher aber lag es an den Wolken, die sich nur wenige Minuten vor ihrer Fahrt vor die Sonne geschoben hatten. «Vicky hatte eine schreckliche Sicht. Wenn sie zu dem Zeitpunkt gefahren wäre wie ich, dann hätten wir vielleicht eine andere Siegerin», sagte Shiffrin.
Ungewohnt extrovertiert für ihre Verhältnisse mit erhobenen Armen und einem breiten Lachen feierte die 23-Jährige ihren vierten WM-Titel, nach dreimal Gold im Slalom den ersten im Super-G. «Das ist verrückt, wirklich verrückt», sagte die beste Skirennfahrerin der Gegenwart: «Ich soll doch nicht Weltmeisterin im Super-G sein!» Dabei hatte Shiffrin in diesem Winter bereits alle drei Weltcups in dieser Disziplin gewonnen, in denen sie am Start gestanden hatte. Shiffrin ist nach der Schwedin Anja Pärson die zweite Fahrerin der Geschichte, die WM-Gold in Slalom und Super-G holen konnte.
Für einen Schreckmoment sorgte Vonn, die bei ihrem vorletzten Rennen vor dem Karriereende schwer stürzte und in ein Fangnetz krachte. Nach einer kurzen Behandlungspause stand die Rekordsiegerin im Weltcup aber auf und fuhr selbst auf Skiern ins Ziel – dort wurde sie von Shiffrin umarmt, ehe sie wenig später selbst versuchte, Rebensburg zu trösten. Vor dem Sturz von Vonn waren die Wolken noch nicht im Weg.
(dpa)