Frankfurt/Main – Der Tanz ums goldene Steak. Das Gehabe von Franck Ribéry hat eine heftige Diskussion weit über den Fußball hinaus ausgelöst.
Der Eindruck ist nicht von der Hand zu weisen: So mancher hoch bezahlte Star weiß anscheinend gar nicht mehr, wohin mit der ganzen Kohle. Aber ist das nicht Privatsache, für was die Sport-Millionäre Geld ausgeben? Und was, wenn sie gleichzeitig für soziale Zwecke spenden? Muss die Angeberei bei Goldkettchen aufhören? Und warum sehen die Vereine das Protz-Gehabe ihrer Angestellten nicht gerne – dabei sind sie es, die die Stars mit Geld zuschütten?
Meine Jacht, mein Model, mein Sportwagen. In den sozialen Medien posten Weltstars wie Cristiano Ronaldo schmucke Fotos aus ihrer Welt, die so gar nichts mit jener des Durchschnittspublikums in den Stadien zu tun hat. Für die ist oft das neueste Bayern-Trikot für knappe 90 Euro schon Luxus. Was ist da der Maßstab?
In der Regel ernten die Profis eher Bewunderung statt Kritik, wenn sie wie Bayern-Spieler Kingsley Coman vor einem Flitzer mit Flügeltüren posen. Oder sich wie Kollege Jérôme Boateng nach Medienberichten einen Lamborghini gönnen, sich wie der Ex-Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang ein ähnliches Geschoss gar vergolden lassen. Oder wie der Brasilianer Neymar für ein Foto lässig auf einem sündhaft teuren Ferrari 458 Spider hocken.
Gerade bei jungen Spielern gehe es häufig nur um die Profilierung über Statussymbole, sagte kürzlich der frühere Bundesliga-Profi Jan Rosenthal in einem Interview dem «Sportbuzzer». «Mal eine Uhr, mal ein Auto, oder die neuen teuren Klamotten. Man bedient das Image des Profis, weil genau diese Dinge Gesprächsthema in der Kabine sind», sagte Rosenthal.
Der beim DFB in Ungnade gefallene Weltmeister Mesut Özil öffnete bei «Hypebeast» sogar schon mal die Türen zu seinem Anwesen in London, um alles zu zeigen: Ankleidezimmer, Kino- und Playstation-Saal, Fuhrpark. Eljero Elia hatte sich zu seiner Bremer Zeit mal einen Fernseher für 35.000 Euro geleistet. Boateng fand auch nichts dabei, seine Sneakers-Sammlung – angeblich 600 Paare – öffentlich zu präsentieren: «Ja, das ist wirklich krass. Meine Mutter meint immer, ob ich nicht einen Schuhladen aufmachen möchte. Die sind auf zwei Räume verteilt, hab halt früh angefangen…»
Für die luxuriöse Exzentrik und Eitelkeit gibt es sogar eine eigene Facebook-Seite: «Fußballer, die den Swag aufdrehen.» Neu ist das Thema aber nicht. Die nordirische Fußball-Legende George Best hatte es einst so formuliert: «Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.»
Und nun Ribéry: Zelebriert in seinem Urlaub im Emirat Dubai ein Mahl mit einem mit Blattgold überzogenen Steak und einem überdrehten Schickimicki-Koch und wird dafür heftig kritisiert – auch aus seiner französischen Heimat, wo seit Wochen die «Gelbwesten» auch gegen steigende Lebenshaltungskosten protestieren. Ribéry aber schluckt die Attacken nicht. Für seine Hasstirade brummte ihm der FC Bayern eine hohe Geldstrafe auf.
«Mit den sozialen Medien ist es nicht so einfach. Die Gesellschaft legt fest, was man darf und was nicht.» Es werde dort oft gepöbelt und das zum Teil «unter aller Kanone», sagte Ribérys Mitspieler Thomas Müller. Immer wieder sind Prominente wie der Franzose dann ganz überrascht, wenn sie etwas anderes ernten als ein paar Hunderttausende von Likes.
Ein möglichst schillernder Lifestyle gehört eben dazu in der Selfie-Gesellschaft. Die Grenze zur Dekadenz wird im Fußball so locker überdribbelt wie die Mittellinie. Wo ist die Moral von der Geschichte, wenn ein Nationalkeeper wie Jens Lehmann einst beim VfB Stuttgart einen Helikopter nutzt, um an manchen Tagen nach dem Training schnell zurück an den Starnberger See zu gelangen?
Der FC Bayern hat Ribéry natürlich nicht für seine lukullische Liebhaberei bestraft, sondern für seine Ausraster. Aus seiner Vorbildfunktion kann sich der Fußball nicht davonstehlen, zumal Top-Profis mehr verdienen als Politiker oder manche Wirtschaftsbosse und deren Bekanntheitsgrad locker übertreffen.
Die Clubs machen keine Gehälter öffentlich, dafür aber gerne ihr soziales Engagement. Aus einem sozialen Gewissen heraus spenden Profis wie Mats Hummels oder Trainer wie Julian Nagelsmann in der Aktion «Common Goal» ein Prozent ihres Jahresgehalts für wohltätige Zwecke. Das sind einerseits schon mal sechsstellige Summen. Wären aber umgerechnet bei einem Bürger mit einem Durchschnittsgehalt gerade mal 30 Euro brutto.
«Seien wir ehrlich: Das eine Prozent ist für uns alle, die wir in dieser Branche sehr gut verdienen, kein Problem», sagte Nagelsmann mal. Deshalb reicht es für Protz-Profis auch noch locker für ein bisschen Gold – ob auf dem Lamborghini, den Badarmaturen oder sogar auf einem Stück Fleisch.
(dpa)