Berlin – An einem tristen Nachmittag fliegt ein junger Mann auf einem Brett mit vier Rollen über den Asphalt im S-Bahn-Schacht der Landsberger Allee in Berlin. Skateboard-Profi Denny Pham hat sich für ein Fotoshooting im Osten der Hauptstadt eingefunden und sorgt mit seinen Tricks und Sprüngen für begeisterte Blicke.
«Ich mag solche Locations einfach zum Boarden und Bildermachen», sagt der 29-Jährige, der als Hobbyfilmer auch gerne hinter der Kamera steht, der Deutschen Presse-Agentur. Anfang November sicherte sich der gebürtige Rostocker in Rust erstmals den deutschen Meistertitel im Bereich Street und löste damit Seriensieger Alex Mizurov ab. «Es war für mich schon ein wenig überraschend», bekennt Pham, der als Elfjähriger mit dem Skaten begann und seit rund zehn Jahren sein Geld damit verdient. «Ich habe eigentlich gar nicht so darüber nachgedacht, Profisportler zu werden. Dann kamen immer mehr neue Sponsoren dazu.»
Von seinem Board-Ausstatter bekam Pham jüngst seine eigene Brettserie und darf sich seitdem offiziell Pro-Skater nennen. «Das ist für einen Skater sowas wie ein Ritterschlag und macht mich richtig stolz», sagt er. Bei einem bekannten US-amerikanischen Sportartikel-Hersteller steht er unter Vertrag und fährt für das Team Nike-SB. Mit einem großen deutschen Kreditinstitut wird er demnächst eine Marketing-Kooperation starten, die seine vom ehemaligen Tagesschau-Sprecher Marc Bator gegründete Management-Agentur «TEAMVISION» vermittelt hatte. Weitere renommierte Firmen werben mittlerweile mit Pham – bald 32.000 User folgen dem smarten Skateboard-Profi auf Instagram.
«Als deutscher Sportler einer Randsportart kann ich gut davon leben», sagt Pham und schiebt nach: «Ich bin sehr glücklich, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte – es gibt nichts Besseres für mich. Darum fühlt es sich auch nicht immer nach Arbeit an.» Rund 50 Prozent seiner Zeit verbringt Pham in Berlin, die andere Hälfte ist er in der ganzen Welt unterwegs, um Wettkämpfe zu bestreiten oder für Shootings und Filmaufnahmen zu posieren. Den Januar verbringt er fast komplett in Brasilien – auch um dem kalten Berliner Winter und dem ungeliebten Hallentraining zu entfliehen. Bis zu acht Stunden trainiert Pham im Sommer sonst auf dem Beton der Hauptstadt und kreiert neue Tricks und Sprünge. «Im Winter sind es höchstens vier», erzählt er.
Im Sommer 2020 soll eine seiner Dienstreisen Pham nach Tokio führen. Dort wird Skateboarden erstmals olympisch sein. In der Szene löste das Pilotprojekt nicht nur Begeisterung aus. «Das passt überhaupt nicht zusammen. Olympia wird Skateboarden nachhaltig verändern, die pädagogische, soziologische Kraft nehmen und es domestizieren», sagte etwa Deutschlands Skateboard-Pionier Titus Dittmann kürzlich in einem Interview mit t-online.de und meinte: «Das Board ist nicht nur ein Sportgerät, mit dem man Wettkämpfe gewinnen will, sondern ein Ausdrucksmittel der eigenen Persönlichkeit.»
Dem 70-Jährigen Ex-Skater und Unternehmer will Pham nur bedingt beipflichten: «Zum Thema Olympia wird es stets geteilte Meinungen geben – gerade bei einer Sportart wie Skateboardfahren, die aus einem Punk-Hiphop-Subkultur-Bereich kommt. Es wird immer ein Sport bleiben, der nicht ausschließlich auf Wettbewerb basiert.» Für Pham ist dies jedoch kein Widerspruch. «Der Wettbewerbscharakter bringt Sportler auf ein besseres Level – was dem Sport wiederum gut tut», meint er. «Es prallen dort schon Welten aufeinander. Aber Olympia wird das Image von Skateboarden als Sportart definitiv aufwerten», sagt Bundestrainer Jürgen Horrwarth und ergänzt: «Denny ist einer von vier Fahrern, die auf höchstem Niveau fahren können und Chancen auf Olympia haben.» Diese Chance möchte Pham unbedingt nutzen.
(dpa)