Garmisch-Partenkirchen – Severin Freund bleibt bei der Vierschanzentournee nur noch die Rolle des TV-Zuschauers.
Nach einer weiteren schwachen Leistung beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen gehört der 30 Jahre alte Niederbayer nicht mehr zum siebenköpfigen deutschen Aufgebot für die beiden restlichen Springen in Innsbruck und Bischofshofen. «Es war eine schlechte Leistung. Ich bin momentan nicht in der Form», sagte Freund nach Rang 41. Er wirkte nicht frustriert oder genervt, sondern einfach nur enttäuscht vom derzeit nicht erkennbaren Fortschritt.
Minutenlang unterhielt sich Freund nach der zweiten Station der Tournee im Auslauf an einer Bande mit Bundestrainer Werner Schuster, mit dem er jahrelang große Erfolge gefeiert hatte. «Wir haben viel probiert. Er probiert alles, da müssen wir ein Ersatzprogramm auflegen», sagte Schuster. Es habe sich bereits abgezeichnet, dass sein Vorzeigeathlet nach zwei Kreuzbandrissen nicht so schnell zu alter Form zurückfinden würde. Doch nun ist nicht nur die Tournee gelaufen, sondern auch die WM in Seefeld als sein großes Ziel in Gefahr.
«Aufgesteckt wird nicht. Es kann schnell gehen im Skispringen, aber momentan funktioniert der Sprung einfach nicht», sagte Freund, der sich die beiden restlichen Tournee-Springen am TV ansehen und dabei den aussichtsreich in Position liegenden Teamkollegen Markus Eisenbichler anfeuern wird. «Eisei macht das grandios, da werde ich die Daumen drücken», sagte Freund.
Er selbst werde «erstmal Frust rauslassen und dann die nächsten Aufgaben angehen». Und die WM in Tirol? «Wenn Seefeld nicht klappt, wird die Welt nicht untergehen», konstatierte Freund, der von der Weltspitze derzeit so weit weg ist wie lange Jahre in seiner äußerst erfolgreichen Laufbahn nicht mehr. Der Bundestrainer hatte das schon vorher geahnt. «Allen, die vielleicht auf eine Auferstehung von Severin Freund gehofft haben, denen habe ich den Zahn gezogen», hatte Schuster vor Garmisch betont.
Das typische Bild des einst besten deutschen Adlers sieht bei der Tournee deshalb so aus: Freund springt vom Schanzentisch ab, segelt durch die Luft, landet mit einer viel zu geringen Weite und zieht dann im Auslauf resignierend die Arme leicht nach oben. In Oberstdorf war das so, in Garmisch war es wieder so, eine Steigerung war nicht erkennbar. Für den 30-Jährigen ist der erhoffte Weg zurück in die Riege der besten DSV-Springer nach zwei Kreuzbandrissen und langer Pause ein harter Kampf mit ungewissem Ausgang.
Freund wirkt aufgeräumt, verzweifelt nicht und geht mit den Rückschlägen professionell um. Geduldig erklärt er den Journalisten seine Sprünge, patzig sieht man den Niederbayern rund um die Tournee-Schanzen nicht. Er sieht seine Situation so: «Ich hatte schon sehr, sehr viele gute Jahre in meiner Karriere. Und dann zu denken, ich komme wieder zurück und es geht gleich nahtlos weiter, ist halt ein bisschen schwierig.» Er weiß: Ein Comeback in die Spitze gelingt nur mit akribischer Arbeit – und viel Geduld.
Andere DSV-Adler nähren derzeit die Hoffnungen der deutschen Fans auf neue Erfolge. Allen voran Eisenbichler, der in Oberstdorf und Garmisch jeweils Zweiter wurde. Der 27-Jährige versucht, Freund so gut wie möglich zu unterstützen. «Ich kenne ihn schon ewig, und natürlich versucht man, ihn aufzubauen», sagt Eisenbichler. «Wir sind ja ein Team.» Ein Team, zu dem Freund nun vorerst nicht mehr gehört.
(dpa)