Garmisch-Partenkirchen – Herausforderer Markus Eisenbichler gegen Überflieger Ryoyu Kobayashi: Bei der Vierschanzentournee läuft alles auf einen hochklassigen Zweikampf um den Gesamtsieg hinaus.
Mit Sprüngen auf 138 und 135 Meter musste sich Deutschlands Top-Adler beim traditionellen Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen dem 22 Jahre alten Seriensieger aus Japan erneut nur knapp geschlagen geben – etwa ein Meter fehlte zu Rang eins. «Das ist eine tolle Ausgangsposition», sagte Bundestrainer Werner Schuster.
Eisenbichler selbst sagte: «Dass ich da oben mitfighten darf, ist für mich ein Privileg.» In der Gesamtwertung trennt Eisenbichler von Kobayashi gerade einmal ein guter Meter. Der drittplatzierte Dawid Kubacki liegt etwa elf Meter dahinter. Zum Duell mit dem so starken Kobayashi sagte Eisenbichler: «Ich werde warten, bis er vielleicht mal einen Fehler macht. Oder, was einfacher ist: Dass ich noch besser skispringe.»
Mit dem Ergebnis in Garmisch war der 27 Jahre alte Siegsdorfer «mega happy». Bei der Siegerehrung hob er die Silbertrophäe nach oben und ließ sich von der begeisterten Menge im mit 21.000 Zuschauern ausverkauften Stadion an der Großen Olympiaschanze bejubeln. Anschließend herzte er seine Mutter und seinen Bruder und wirkte tief bewegt.
Bereits vor Kobayashis entscheidendem Versuch war Eisenbichler, der als Vorletzter gesprungen war, von seinen euphorischen Teamkollegen umarmt und gefeiert worden. Dass es zum zweiten Mal knapp nicht zum Sieg reichte, ärgerte «Eisei» nur kurz. Natürlich habe er gehofft, «dass es reicht für den ersten Sieg in einem Weltcup», sagte er, betonte aber sogleich: «Das genieße ich. Das erlebt man nicht alle Tage, dass man auf dem Podest steht.»
Der Bayer stellte seine Ausnahmeform wie schon bei seinem zweiten Platz am Sonntag in Oberstdorf mit Macht unter Beweis. «Vor allem der erste Sprung war erste Sahne», lobte Schuster seinen neuen Top-Adler.
Sein derzeitiger Musterschüler, der in der Vergangenheit seine oft starken Trainingsleistungen nicht in den Wettkampf übertragen konnte, hat ein konstant hohes Niveau erreicht. Bei der Tournee wirkt er befreit und voll fokussiert. Vor seinem letzten Sprung in Garmisch klopfte er sich immer wieder mit Wucht auf die Brust, stimmte sich auf den entscheidenden Versuch ein, der ihm dann zur Freude der Zuschauer gelang.
«Er hat über Monate das Trainingsniveau mitbestimmt», erklärte Schuster. «Jeder gelungene Sprung gibt ihm mehr Selbstvertrauen.» Schon Eisenbichlers sechsten Platz bei der Tournee-Generalprobe in Engelberg hatte Schuster als «Knotenlöser» bezeichnet. Als zweitbester DSV-Adler wurde Stephan Leyhe Siebter. Vier weitere DSV-Springer kamen in den zweiten Durchgang, verblassten aber neben Eisenbichler.
Richard Freitag verpasste ein lange ersehntes Erfolgserlebnis. Der 27-Jährige landete nach einem starken Sprung und einem schwachen Versuch im zweiten Durchgang auf Rang 24. David Siegel belegte Rang 17, Karl Geiger kam auf Platz 19 und Constantin Schmid auf Rang 29.
Während vor allem Eisenbichler und auch Leyhe überzeugten, wirkt Olympiasieger Andreas Wellinger zusehends ratlos. Nach seinem 39. Platz in Oberstdorf schied der 23-Jährige auch diesmal nach den ersten 50 Springern aus.
Für Severin Freund lief es vor den Augen von Alpin-Ass Felix Neureuther noch schlechter. Der 30 Jahre alte frühere Erfolgsgarant im deutschen Team sucht nach zwei Kreuzbandrissen und langer Pause weiter nach seiner Form und durfte wie schon in Oberstdorf ebenfalls nur einen Wettkampfsprung machen. Für ihn ist die Tournee zur Halbzeit beendet: Constantin Schmid nimmt Freunds Platz im Kader ein.
Ein überraschendes Debakel erlebte der Österreicher Stefan Kraft. Der Dritte des Auftaktspringens schied nach einem völlig misslungenen Sprung bereits nach dem ersten Durchgang aus – ein herber Rückschlag für das österreichische Team vor der zweiten Tournee-Hälfte in der Heimat. Nach einem Ruhetag geht es am Donnerstag (14.00 Uhr) mit der Qualifikation am Bergisel weiter.
(dpa)