Pfeile-Maschine van Gerwen als FC Bayern des Darts-Sports

London – Wenn gar nichts mehr hilft gegen diesen FC-Bayern-ähnlichen Dominator, muss eben eine Ladung Bier her. So ähnlich muss sich das wohl ein Fan bei der Darts-WM in London gedacht haben, als er Michael van Gerwen vor dessen erstem Match dreist mit dem Getränk von der Seite attackierte.

Der Niederländer zog sich daraufhin in die Kabine zurück, wechselte sein nasses Hemd und kam mit Tränen in den Augen wieder auf die Bühne. Danach machte van Gerwen das, was er seit Jahren am besten beherrscht: den Gegner auf greller Bühne an einer kleinen Scheibe düpieren.

Van Gerwen spielt nicht nur so überlegen und erfolgreich wie der FC Bayern, er polarisiert auf seinem Fachgebiet auch in gleichem Maße. «Wenn ich mein bestes Spiel abliefere, gewinne ich zu 100 Prozent. So einfach ist das», sagte der 29-Jährige selbst. Klingt arrogant, doch der Mann im markanten grellgrünen Shirt ist seit knapp fünf Jahren ununterbrochen die Nummer eins der Darts-Welt. Wenn er im Fernsehen vorab die WM durchtippt, ist es Formsache, dass er selbst Weltmeister wird. Spannend ist eher, wer im Finale gegen ihn verliert.

Bei dieser WM ist van Gerwen, der einst eine Ausbildung zum Fliesenleger machte, wieder bestens im Rennen. Nach klaren Siegen über den letzten Deutschen Max Hopp (4:1) und den zweimaligen Champion Adrian Lewis (4:1) steht «Mighty Mike» im Viertelfinale. Die Aussagen seiner Gegner klingen danach meist recht ähnlich – und frustriert. «Michael war fantastisch, er hat gezeigt, warum er die Nummer eins ist», schrieb Lewis auf Twitter. Hopp hatte nach eigener Aussage sogar «eine kleine Lehrstunde» vom zweimaligen Weltmeister erlebt.

Doch was macht van Gerwen in dem bewegungsarmen Trendsport so stark? Darts-Experte Elmar Paulke sieht in ihm vor allem einen Meister der Mentalität. «Er kommt auf die Bühne und jeder weiß, dass er gewinnen wird. Das ist so das, was Bayern München lange hatte. Er hat dieses Bayern-Gen. Jeder denkt, er gewinnt und dann gewinnt er auch», sagte Paulke. In Zahlen klingt das so: 19 Titel alleine im Jahr 2018, fast doppelt so viel Preisgeld eingespielt wie der Weltranglistenzweite Rob Cross, der ihm im Vorjahr im WM-Halbfinale eine so bittere Niederlage zufügte.

Die WM ist die Achillesferse von «The Green Machine». Zwar hat van Gerwen den wichtigsten Titel der Welt schon zweimal gewonnen, jedoch verließ er London in den vergangenen vier Jahren trotz seiner Vormachtstellung auch dreimal nicht als Sieger des wichtigsten Turniers der Welt. Das ist für ihn automatisch eine Enttäuschung.

Darts-Legende Phil Taylor, selbst 16-maliger Weltmeister, stichelt immer wieder gerne gegen seinen langjährigen Widersacher. «Auch Michael ist nur ein Mensch. Er ist ja überzeugt davon, der beste Spieler der Welt zu sein. Das war er während der letzten Turniere nicht», sagte «The Power» vor der WM dem Darts-Magazin «180».

Familienvater van Gerwen, der nicht bis Mitte 50 wie Taylor spielen möchte, nimmt das ganz gelassen. Seinen Kritikern entgegnet er: «Ich habe 19 Turniere gewonnen – doppelt so viele wie irgendein anderer. Für meine Verhältnisse war es ein anständiges Jahr. Für die Verhältnisse von allen anderen war es ein fantastisches Jahr.»


(dpa)

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