Liverpool – Nicht einmal das drohende Champions-League-Aus konnte Jürgen Klopp aus dem Konzept bringen. Von einer besonderen Woche wollte der Liverpool-Trainer trotz der brisanten Aufgabe gegen den SSC Neapel nichts wissen.
«Schon wieder?», scherzte er auf die Frage eines Reporters und lachte. «Wir haben gerade gegen Everton gespielt, auswärts gegen Burnley und auswärts gegen Bournemouth, das war eine gewaltige Woche.»
Ein Understatement. Denn bevor Liverpool am Sonntag gegen Erzfeind Manchester United in der Premier League die neu eroberte Tabellenführung verteidigen will, geht es am Dienstag im letzten Champions-League-Gruppenspiel gegen die Italiener und im Fernduell mit Thomas Tuchels Paris Saint-Germain um alles oder nichts. Nur mit einem Sieg kann die Klopp-Elf noch weiterkommen.
«Napoli, das ist auch eine schwere Aufgabe», sagte Klopp beim Sender BBC, als wäre der Tabellenzweite der Serie A mit Burnley und Co. gleichzusetzen. Das erste Duell in Italien hatten die Reds im Oktober mit 0:1 (0:0) verloren, nachdem sie in der 90. Minute ein Gegentor kassierten. «Wir waren nicht gut in Neapel», räumte Klopp gegenüber der Zeitung «Liverpool Echo» ein, «also wollen wir jetzt zu allererst zeigen, dass wir besser sind als wir dort gespielt haben.»
Die Konstellation in Gruppe C ist knifflig, niemand ist durch. Napoli steht mit neun Punkten an der Spitze, dahinter mit acht Zählern PSG. In Paris unterlag die Klopp-Elf, die aus fünf Spielen nur sechs Punkte geholt hat, mit 1:2 (1:2). «Angesichts der bisherigen Saison ist es wirklich etwas Besonderes, dass wir immer noch weiterkommen können», sagte Klopp am Montag.
Roter Stern Belgrad, das vor dem letzten Spieltag vier Punkte hat, könnte bei einem Sieg gegen Paris sogar noch an Liverpool vorbeiziehen. Dann würde der Finalist des Vorjahres nicht nur aus der Königsklasse ausscheiden, sondern auch die Europa League verpassen. Sollte aber Paris verlieren und Liverpool wiederum gewinnen, würde Klopp seinen deutschen Kollegen Tuchel aus dem Wettbewerb schmeißen.
«Zuhause waren wir bisher gut», betonte Klopp. «Morgen Abend müssen wir sogar noch besser sein.» Um absolut sicher weiterzukommen, muss Liverpool entweder mit 1:0 oder mit mindestens zwei Toren Unterschied gegen das Team von Ex-Bayern-Coach Carlo Ancelotti gewinnen. Es kommt also besonders auf die Offensivstars Mohamed Salah, Roberto Firmino und den wieder genesenen Sadio Mané an. Mit einem 4:0 (3:0) beim AFC Bournemouth haben sich die Reds am Samstag schon mal warmgeschossen. Vor allem Salah trumpfte auf und feierte einen Dreierpack.
Trotz der Gefahr durch Liverpools Luxus-Angriff und der Möglichkeit, vom ersten auf den dritten Platz zu fallen und damit rauszufliegen, kündigte Napoli-Coach Ancelotti an, er werde «nicht den Bus vor dem Tor parken», also nicht nur defensiv spielen lassen. Seine Mannschaft werde aktiv am Spiel teilnehmen. Ein bisschen Vorfreude schwang beim früheren Bayern-Coach auch mit. «Es ist eine Ehre, in Anfield zu spielen», schwärmte Ancelotti. «Es ist eine fantastische Atmosphäre.»
Genau darauf setzt Klopp, der auf intensive Unterstützung durch das berühmte Publikum auf der Fantribüne The Kop hofft. «Erneut wenden wir uns an Anfield und fordern alle Fans auf, uns zu helfen. Das wird ein gewaltiges Spiel», betonte der Trainer dann doch noch. «Es wäre wirklich cool, wenn das Publikum auf den Beinen ist.»
Beide Trainer hatten vor dem mit Spannung erwarteten Duell übrigens wenig Interesse an Rechenspielen. «Wir fahren nach Liverpool, um so gut wie möglich zu spielen», erklärte Ancelotti, «und ohne zu viele Kalkulationen zu machen.» Ähnlich äußerte sich Klopp. «Lasst uns das einfach angehen», sagte der Trainer des englischen Spitzenreiters. «Es gibt keine Garantien, wir können es nur versuchen.»
(dpa)